Kommentar zum Bundeshaushalt 2021 Fiskalpolitisches Schlaraffenland

Berlin · Bislang galt 2020 als das Jahr mit der höchsten Neuverschuldung der Nachkriegszeit, nun könnte ihm das Jahr 2021 noch den Rang ablaufen. Geld ist in der Corona-Krise für alle und alles da – gerade im kommenden Wahljahr. Das birgt auch Gefahren für die Zukunft.

 Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD).

Foto: AP/Hannibal Hanschke

Mehr als 160 Milliarden Euro soll der Bund an Krediten neu aufnehmen, um Verluste der Corona-Krise auszugleichen, 70 Milliarden Euro mehr als bisher geplant. Da die Infektionszahlen nicht zufriedenstellend gesunken sind, müssen Bund und Länder den Teil-Lockdown verlängern. Daraus ergibt sich zwingend, dass der Staat politisch verordnete Umsatzausfälle in der Gastronomie und anderen betroffenen Branchen weiter ausgleicht.

Aber die Ausgabenpläne gehen ja weit darüber hinaus. So richtig es im Prinzip bleibt, in dieser Krise zu klotzen statt zu kleckern, so wünschenswert wäre es doch, wenn Politiker im Detail genauer hinschauen würden, was sie da alles mit dem Alibi Corona auf Pump finanzieren. Zu einer solchen Überprüfung will die Koalition die Kraft aber nicht aufbringen, dabei ist die Bundestagswahl noch fast ein Jahr entfernt.

Es ist Geld für alle und alles da, lautet die Devise. Die Corona-Krise hat ein fiskalpolitisches Schlaraffenland geschaffen. In Zeiten des Klimawandels sollte aber beispielsweise der Diesel an der Zapfsäule nicht mehr weiter geringer besteuert werden als Benzin. Das Dieselprivileg gehört abgeschafft, ebenso wie die steuerliche Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen im privaten Haushalt.

Auch gehen vom neuen Bundeshaushalt zu wenig Wachstumsimpulse für die Zukunft aus. Er bedient fast jeden Wunsch nach Mehrausgaben, doch Anreize für mehr Investitionen etwa durch stark verbesserte Abschreibungsregeln für Unternehmen werden nicht gesetzt. Klimawandel, Demografie und die rückständige Digitalisierung werden wie Mühlsteine am Hals der Volkswirtschaft hängen, doch der Staat beschäftigt sich lieber mit dem Verteilen von Zuschüssen und Vergangenheitsbewältigung.

Beunruhigend ist zudem die fehlende Perspektive, wie der Bund in absehbarer Zeit wieder in der Lage sein soll, die Vorgaben der Schuldenbremse zu erfüllen. Eine Neuverschuldung von 160 Milliarden Euro lässt sich nicht in kurzer Zeit auf zehn Milliarden Euro reduzieren, die die Schuldenbremse dem Bund in normalen Zeiten erlaubt. Das ist schon gar nicht in einem Wahljahr und auch nicht im Jahr danach möglich.

Damit gerät die Schuldenbremse in Gefahr. Der politische Druck, sie zu ändern, dürfte übergroß werden – ebenso wie der Druck, die Steuern zu erhöhen. Finanzminister Scholz und die Koalition handeln in der Haushaltspolitik nach dem Motto: Nach uns die Sintflut. Wer auch immer nach der Wahl das Finanzressort übernehmen wird: Das wird nicht vergnügungssteuerpflichtig.

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