Streit um die Grundrente Der Spaltpilz kehrt in die große Koalition zurück

Meinung | Berlin · Vier Wochen lang war auch der politische Streit in einer Art Shutdown. Mit der Wiederbelebung des Öffentlichen Lebens kehrt auch der Spaltpilz in die große Koalition zurück. Union und SPD wird das nicht gut bekommen.

 Union und SPD fallen in alte Rollenmuster zurück und streiten darüber, wie umfangreich die Sozialleistungen sein dürfen.

Union und SPD fallen in alte Rollenmuster zurück und streiten darüber, wie umfangreich die Sozialleistungen sein dürfen.

Foto: dpa/Seeger;Stratenschulte

Die große Koalition war zu Beginn der Corona-Krise kaum wiederzuerkennen: geschlossen, effizient, diszipliniert. Nach zwei quälenden Regierungsjahren voller Existenzkrisen, Personalwechsel und Selbstbeschäftigung zeigten Union und SPD plötzlich, warum große Koalitionen einst den Ruf hatten, auch Großes leisten zu können. Während beim SPD-Parteitag im Dezember noch beschlossen worden war, das Regierungsbündnis existenziell auf den Prüfstand zu stellen, gelang Union und SPD in der Krise plötzlich Politik wie aus einem Guss.

Sie versetzten das Land mit Kurzarbeitergeld, Staatshilfen, Shutdown und einer konsequenten Einstellung des Gesundheitssystems auf Eindämmung und Behandlung des Virus in den Krisenmodus. International hat Deutschland viel Erstaunen und Anerkennung für den souveränen Umgang mit der Krise erfahren.

Der Bundesregierung kam zudem das Glück der Tüchtigen zu Hilfe: Nach einem Jahrzehnt des Wirtschaftsbooms sind die Staatsfinanzen äußerst solide und die Sozialkassen verfügen über komfortable Polster. Das Krisenmanagement konnte anders als in anderen europäischen Ländern auf eine gesunde Wirtschaft aufsetzen.

Nicht nur das gute Krisenmanagement der Bundesregierung, auch ihr geschlossenes Auftreten haben insbesondere der Union hohe Umfragewerte beschert, die zu Beginn des Jahres noch unerreichbar schienen.

Doch mit der schrittweisen Wiederbelebung des öffentlichen Lebens ist auch der Spaltpilz in der großen Koalition zurückgekehrt. Vier Wochen lang war zum Beispiel der Streit um die Grundrente im Shutdown. Jetzt lebt er wieder auf und Union und SPD verweisen - zurück in den alten Ritualen - jeweils auf den anderen, warum das Gesetz zur Grundrente für Geringverdiener immer noch nicht in den Bundestag eingebracht wird. Beim Kurzarbeitergeld kann man das gleiche Spielchen betrachten. Dieses Kriseninstrument ersetzt 60 beziehungsweise für Eltern 67 Prozent des entgangenen Lohns. Die Sozialdemokraten wollen noch eine Schippe drauflegen, womit die alte Rollenverteilung wieder da wäre: Die SPD fordert immer neue und höhere Staatsausgaben. Die CDU sieht eine ihre wichtigsten Aufgaben darin, „das Schlimmste“ davon zu verhindern. Ach, und parteiintern wird in der CDU auch schon wieder ums Kurarbeitergeld gestritten: Sozialflügel gegen Wirtschaftsflügel.

Der Rückfall in die alten Muster wird Union und SPD nicht gut bekommen. Noch deutlicher als in der Corona-Krise hätte es den Verantwortlichen in den Parteien nicht vor Augen geführt werden können, was die Bürger wünschen: die rasche Lösung.

(qua)
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