Kommentar zur EU-Flüchtlingspolitik Retten, retten, retten

Meinung | Düsseldorf · Solange die EU keine einheitliche und wirksame Flüchtlingspolitik beschließt, die den Menschen den oft tödlichen Weg zum Schlepper erspart, lässt die Debatte zur Seenotrettung nur einen einzigen Schluss zu.

 Teilnehmer einer Demonstration aus Solidarität mit der Kapitänin des deutschen Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“ in Hamburg.

Teilnehmer einer Demonstration aus Solidarität mit der Kapitänin des deutschen Rettungsschiffes „Sea-Watch 3“ in Hamburg.

Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Die Präambel des EU-Vertrags ist so etwas wie der ausformulierte Wertekanon der Union. Dort steht das, was die Staatschefs gerne in Sonntagsreden als „gemeinsame Werte“ bezeichnen, wenn sie sich von den autokratischen Staaten abgrenzen wollen. Darin bekennen sich die EU-Länder zu Freiheit, Demokratie und der konsequenten Achtung der Menschenrechte. Mit Blick auf die Flüchtlingspolitik sollte sich die EU überlegen, ob sie den letzten Punkt nicht ersatzlos streicht. Denn der EU-Pakt mit Libyen hat die humanitäre Ausnahmesituation und das Sterben im Mittelmeer nicht wirklich verbessert, sondern verschlechtert.

Die Verzweiflung der Fliehenden ist größer geworden. UN-Beobachter beklagen eine dramatische Lage in dem nordafrikanischen „failed state“, wo Kriminelle, Schlepperbanden und Milizen sich mit einer korrupten Verwaltung um Geld und Macht streiten. Die Flüchtlinge sind die Ware, die Gelder aus Europa das Schmiermittel. Berichte über Missbrauch und Vergewaltigung in den Lagern sind glaubwürdig, die sanitäre Situation ist in deutschen Tierheimen besser. Und Europa wundert sich, wenn Flüchtlinge lieber im Mittelmeer sterben als zurück nach Libyen gebracht zu werden? Zumal auch das Verhalten der libyschen Küstenwache eher eine Bedrohung denn eine Hilfe ist.

Vor diesem Hintergrund lässt die Debatte zur Seenotrettung nur einen einzigen Schluss zu: Retten, retten, retten. Solange bis die EU eine einheitliche und wirksame Flüchtlingspolitik beschließt, die Flüchtlingen den oft tödlichen Weg zum Schlepper erspart, weil es an der EU-Außengrenze nachvollziehbare und faire Asylprüfungen in humanen Einrichtungen gibt und die Chance auf Asyl in einem EU-Mitgliedsstaat.

Für die mögliche neue Kommissionschefin Ursula von der Leyen sollte die Migrationspolitik oberste Priorität sein. Mit dem noch zu verhandelnden EU-Budget hat sie das Mittel in der Hand.

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