Debatte um Akw-Laufzeiten Vor der Stromkrise droht die Ampelkrise

Meinung | Berlin · Die Nutzung der Atomenergie darf maximal eine Übergangslösung darstellen. Die bislang eingesetzte Technik hat keine Zukunft. Neue Brennstäbe würden die Nutzung zu stark in die Länge ziehen.

 Blick über den kleinen Ort Börry auf das stillgelegte Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen. (Archiv)

Blick über den kleinen Ort Börry auf das stillgelegte Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen. (Archiv)

Foto: dpa/Melissa Erichsen

Die Atomdebatte erlebt eine unerwartete Renaissance. Schließlich waren die politischen Entscheidungen längst getroffen: Es sollte Schluss sein mit der Nutzung der Atomkraft für die Stromproduktion in Deutschland. Und zwar vollständig und schon bald – nämlich bis Jahresende. Dann gehen nach derzeit geltendem Recht spätestens auch die drei letzten Atomkraftwerke vom Netz in Niedersachsen, Bayern und Baden-Württemberg. Die Debatte hat mit Äußerungen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) nun einen neuen Dreh bekommen. Er, der eine längere Laufzeit dieser drei Atomkraftwerke befürwortet, verbindet die aktuelle Gaskrise mit der Angst vor einer Stromkrise. Denn bislang haben Atomkraftwerke mit der drohenden Versorgungsknappheit beim Gas nichts zu tun: Sie produzieren keine Wärme, sind also keine Alternative. Mehrere Kraftwerke in Deutschland nutzen Gas, um daraus Wärme und Strom herzustellen. Sie kann man nach Ansicht von Experten nicht so einfach ersetzen. Gas – wie von Lindner gefordert – nicht länger für die Stromproduktion einzusetzen, ist also realitätsfremd. Warum also der Vorstoß am Wochenende? Mit seiner Warnung, dass aus der Gaskrise keine Stromkrise werden dürfe, erhöht Lindner den Druck in der Atomdebatte. Dass aber alle Betreiber der verbliebenen Meiler auf die bereits getroffene Entscheidung verweisen, dass man am Ausstiegsdatum festhalten wolle, lässt die Befürworter längerer Laufzeiten isoliert wirken. Und dennoch: Aus Sicht des Klimaschutzes wäre ein verlängertes Verbrennen von Kohle die schlimmere Variante als Ersatz für Atomstrom.