Parteitag der Grünen in Bonn Der schmale Grat zur Selbstüberhöhung

Meinung | Bonn · Es sind schwere Zeiten, um Regierungspolitik zu gestalten, keine Frage. Die Grünen-Spitze nutzt den Parteitag zur Selbstvergewisserung – doch das treibt auch seltsame Blüten. Dass sie auf der richtigen Seite stehen, darin sind sich die Grünen allzu sicher.

 Außenministerin Annalena Baerbock und Grünen-Co-Chef Omid Nouripour verteidigen auf dem Parteitag ihren Kurs als Regierungspartei.

Außenministerin Annalena Baerbock und Grünen-Co-Chef Omid Nouripour verteidigen auf dem Parteitag ihren Kurs als Regierungspartei.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Lässt sich in schlechten Zeiten gute Politik machen? Diese Frage zieht sich wie ein roter Faden durch den Grünen-Parteitag, auch wenn keiner sie explizit stellt. Ein Krieg in Europa, die Ukraine unter Beschuss, die Energiepreise galoppieren, existenzielle Sorgen in Bevölkerung und Wirtschaft, und eine fortschreitende Klimakrise, die die Lebensgrundlagen grundlegend in Frage stellt. Keine Frage, es sind schwere Bedingungen, unter denen Regierungspolitik gestaltet werden muss. Und den Grünen ist anzumerken, dass sie mit sich ringen. In gefühlt jeder Rede auf der dreitägigen Bundesdelegiertenkonferenz wird betont, dass man sich die zu fällenden Entscheidungen nicht leicht gemacht habe – von Atomkraft-Reserve über Waffenlieferungen bis zum Aus für Lützerath im Rheinischen Revier. So lässt sich auch erklären, dass die Parteispitze und die grünen Regierungsmitglieder ihre Reden zur Selbstvergewisserung nutzen. Grüne erklären Grünen, wie stolz sie darauf sind, Teil einer Friedens-, Menschenrechts-, Gerechtigkeits- oder wahlweise einer Klimaschutzpartei sind. Ein wenig Selbstbeweihräucherung gehört zu einem Parteitag.