Kommentar zum Deutschlandtag der JU Hauen und Stechen

Meinung · Dafür, wie gnadenlos das politische Geschäft ist, hat die JU bei ihrem Deutschlandtag Anschauungsunterricht geliefert. Aber in unübersichtlichen Zeiten wie diesen sehnen sich die Menschen nach Stärke und Sicherheit und nicht nach Hauen und Stechen.

 Während Annegret Kramp-Karrenbauer sich Notizen macht, unterhalten sich JU-Chef Tilman Kuban (l) und Alexander Zeyer hinter ihrem Rücken.

Während Annegret Kramp-Karrenbauer sich Notizen macht, unterhalten sich JU-Chef Tilman Kuban (l) und Alexander Zeyer hinter ihrem Rücken.

Foto: dpa/Harald Tittel

Markus Söder ist ein schweren Patzer unterlaufen und keiner regt sich auf. Zu Recht, denn der CSU-Chef hat versehentlich gesagt, dass in Halle erstmals wieder ein Jude ermordet wurde. Es war aber ein Attentat vor einer Synagoge, bei dem zwei Menschen erschossen wurden, die keine Juden waren. Es wäre absurd, Söder Täuschung oder anderes zu unterstellen. Es gibt auch keine Empörung. Der angeschlagenen CDU-Vorsitzenden Kramp-Karrenbauer wäre es da sicher anders ergangen.

Ihr ist „verbale Entgleisung“ und Verharmlosung vorgeworfen worden, weil sie die mörderische Tat eines Rechtsextremisten in Halle als „Alarmzeichen“ bezeichnet hatte. Wer sich dafür interessiert, wie Kramp-Karrenbauer zum Judentum steht, hätte wissen können, dass sie sich seit Jahren für jüdisches Leben in Deutschland stark macht und immer wieder vor Neonazis gewarnt hat.

Aber Kramp-Karrenbauer hat anders als Söder derzeit keinen guten Lauf und da war die Empörung groß. Die CDU-Vorsitzende hat Fehler gemacht, unglücklich agiert und andere nicht mehr begeistern können. Wenn Politiker einmal in ein Loch gefallen sind, haben sie es schwer, wieder herauszukommen. Aber vermeintlich aussichtslose Lagen wecken Kramp-Karrenbauers Kampfgeist. Der wichtige Auftritt vor der Jungen Union ist ihr geglückt, obwohl sie vorher nichts mehr richtig zu machen schien.

Dafür, wie gnadenlos das politische Geschäft ist, hat die JU bei ihrem Deutschlandtag Anschauungsunterricht geliefert. Jens Spahn war vor einem Jahr noch ihr Held. Der Widersacher der Kanzlerin, der Macher, der Konservative. Er hat sich für die Nachwuchsorganisation mit der Parteispitze angelegt. Als Gesundheitsminister stellt er mehr auf die Beine als die meisten anderen. Und sein Ziel bleibt die Kanzlerkandidatur. In Saarbrücken mahnte er aber Zusammenhalt an. Staatstragend. Der Beifall für ihn: mau.

Und Paul Ziemiak, der als Generalsekretär noch nicht Fuß gefasst hat, wird plötzlich bejubelt, weil er die Jugend vor dem Gestern warnt, womit er Friedrich Merz meint, den die Delegierten kurz zuvor frenetisch gefeiert hatten und es lustig fanden, dass er Ziemiak im Vergleich mit der Generalsekretär-Legende Heiner Geißler alt aussehen ließ.

Es war absehbar, dass die CDU ins Wanken kommt, wenn die Ära von Angela Merkel zu Ende geht. Wer Kanzlerkandidat wird, ist noch lange nicht entschieden. Auf die Partei kommt ein harter Konkurrenzkampf zu, den sie viele Jahre nicht erlebt hat. Attraktiv macht sie das nicht. In unübersichtlichen Zeiten wie diesen sehnen sich die Menschen nach Stärke und Sicherheit und nicht nach Hauen und Stechen.

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