Kommentar Gute Ratschläge allein helfen nicht

Meinung | Düsseldorf · Krankheiten können zum Stigma werden. Patienten, die an Fettleibigkeit leiden, wissen das. Wer zu dick ist, hat das meist selbst zu verschulden, ist häufig zu hören.

Und ja, es stimmt zum Teil. Für unseren Körper sind nur wir selbst verantwortlich. Wer viel Sport treibt und sich vergleichsweise gesund ernährt, lebt nachweislich länger – und hält auch eher sein Idealgewicht. Das immer wieder zu betonen, ist wichtig. Politik, Krankenkassen und Ärzte dürfen nicht müde werden, mit Präventionsangeboten auf die Probleme hinzuweisen. Doch es bringt nichts, Menschen, die an Adipositas leiden – also an einer eigenständigen Krankheit –, mit auf den Weg zu geben, sie möchten doch häufiger um den Block laufen und abends nur die Hälfte essen. Derlei Ratschläge helfen nicht. Wer krank ist, braucht Hilfe. Für adipöse Patienten gilt das ganz besonders. Ihre Fettleibigkeit resultiert womöglich aus einer psychischen Erkrankung, die es zunächst herauszuarbeiten gilt. Denn die Gründe für starkes Übergewicht können vielseitig sein.

Die Versorgung adipöser Menschen ist für die Krankenkassen und Mediziner keine einfache Aufgabe. Zur Gewichtsreduktion gehört immer auch ein starker Wille, den man bei den Betroffenen nicht weckt, indem man ihnen mit Vorurteilen begegnet. Das mag mitunter auch an mangelndem Wissen liegen. Nicht jede Hausarztpraxis wird über die Therapiemöglichkeiten in vollem Umfang Bescheid wissen. Außerdem ist die Behandlung von Adipositas ein Langzeitprojekt, das eine enge Bindung zum Patienten erforderlich macht. Vielleicht scheuen manche Mediziner deshalb vor der Herausforderung zurück. Das wäre natürlich der falsche Weg. Wir brauchen Prävention, wir brauchen das medizinische Wissen, und wir brauchen vor allem das Verständnis für den Patienten.

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