Kommentar Teurer Poker um Ganztag

Meinung | Berlin · Die Länder haben eine strategisch schwache Verhandlungsposition von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für sich genutzt. Jetzt bekommen sie mehr Geld für den Ausbau von Ganztagsplätzen. Es war überfällig, dass die Einigung zustande kam.

 Mehrere Siebtklässler lernen in einer Gemeinschafts- und Ganztagsschule in einem Lernzimmer. (Archiv)

Mehrere Siebtklässler lernen in einer Gemeinschafts- und Ganztagsschule in einem Lernzimmer. (Archiv)

Foto: dpa/Felix Kästle

Dieses Ergebnis war ein Muss. Weder die große Koalition im Bund noch die einzelnen Ministerpräsidenten hätten es gut vermitteln können, wenn sie sich nicht auf eine Finanzierung für den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter hätten einigen können. Und doch stand das Vorhaben bis zum Schluss auf der Kippe, der Kompromiss kam buchstäblich auf den letzten Drücker. Die Vereinbarung am Montagabend war die allerletzte Chance, um den ohnehin schon um ein Jahr nach hinten gerutschten Zeitplan zu halten. Stimmt der Bundesrat am Freitag nun tatsächlich zu, kann jedes Kind ab dem 2026 startenden Schuljahr zunächst in der ersten Klasse einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung geltend machen, später dann auch in den Klassenstufen zwei bis vier. Gibt es keinen Platz, können die Eltern klagen. Davor haben insbesondere die politisch Verantwortlichen in westdeutschen Flächenländern Sorge, weil bei ihnen das Angebot an Ganztagsplätzen zuletzt noch nicht ausreichte. Ein Problem, das historisch bedingt im Osten der Republik kaum vorhanden ist. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass auf Länder wie Baden-Württemberg und Niedersachsen erhebliche Ausgaben mit dem Rechtsanspruch zugekommen wären, hätte die Bundesregierung für das von ihr vorangetriebene Projekt jetzt nicht sehr tief in die Tasche gegriffen. 3,5 Milliarden Euro fließen an die Länder für einmalige Investitionen, weitere 1,3 Milliarden Euro kommen jährlich als Finanzspritze für die laufenden Betriebskosten hinzu. Das sind fast 400 Millionen Euro mehr, als das Angebot, das Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zuvor unterbreitet hatte. Weil der aber im Wahlkampf ist, Bundeskanzler werden will und mit seinen sozialdemokratischen Kabinettskolleginnen und -kollegen den Rechtsanspruch unbedingt noch verabschieden wollte, hatten die Länderchefs (darunter auch SPD-Ministerpräsident Stephan Weil aus Niedersachsen) eine günstige Gelegenheit, hoch zu pokern. Sie betrieben das Spiel, das Scholz aus seiner Zeit als Finanzsenator und Erster Bürgermeister Hamburgs noch gut kennt.