Antonio Tajani über Benito Mussolini Unser guter Diktator

Antonio Tajani, der Präsident des EU-Parlaments, fabuliert in einem Interview darüber, Benito Mussolini habe ja auch gute Dinge getan, zum Beispiel Straßen gebaut. Damit macht er sich zum Helfer der Rechtsradikalen.

 Antonio Tajani (65) ist Präsident des Europäischen Parlaments und Vizechef der Europäischen Volkspartei.

Antonio Tajani (65) ist Präsident des Europäischen Parlaments und Vizechef der Europäischen Volkspartei.

Foto: AP/Jean-Francois Badias

Wenn man sich fragt, wie es eigentlich kommt, dass historische Aussagen wieder salonfähig sind, die es über Jahrzehnte mit guten Gründen nicht waren, könnte man bei Antonio Tajani landen, dem Präsidenten des Europaparlaments und Vizechef der Europäischen Volkspartei. Er hat schon abfällig über Roma geredet, er hat „Es lebe das italienische Dalmatien“ gerufen, das seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr italienisch ist. Nun sagte Tajani, Benito Mussolini sei zwar kein „Meister der Demokratie“ gewesen, habe aber „positive Dinge“ getan: Straßen und Brücken gebaut etwa. Ja, gut, die antisemitischen Rassegesetze von 1938 und der Eintritt in den Krieg, das sei „verrückt“ gewesen, „Selbstmord“. Faschist? „War ich nie.“

Silvio Berlusconi hat seinerzeit ähnlichen Unfug geredet; das Muster kennt man auch hierzulande – freilich eher von Opa Heinz als von Politikern, denn Hitler offen zu verteidigen, das geht dann doch nicht (noch nicht wieder?). Damals fuhren doch die Züge pünktlich, heißt es dann gern; es war nicht alles schlecht.

Doch, war es. Diktaturen, die die Menschenrechte mit Füßen treten, die morden und Nachbarn mit Krieg überziehen, sind schlecht. Der italienische Faschismus war ein aggressives, rassistisches Regime, das, nur als Beispiel, im Äthiopienkrieg schon 1935/36 ungeniert Giftgas einsetzte. Und mag auch eine Straße, die die Nazis bauen ließen, uns heute noch nützlich sein – politisch sind diese Diktaturen auf alle Zeit verseucht. Wer redet wie Tajani, macht sich nicht nur zu ihrem Verteidiger, sondern auch zum nützlichen Idioten all derer, die „erinnerungspolitische Wenden“ ausrufen und „Vogelschisse“ tilgen wollen. Schlimm genug, dass es die Verharmloser in Italien seit jeher so leicht haben. Schlimmer, dass einer wie Tajani noch im Amt ist.

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