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Debatte ums Tempolimit Zivilität auf der Autobahn

Beim Tempolimit geht es um mehr als Zahlen, um mehr als Verkehrssicherheit und sogar um mehr als Klimaschutz: Es geht um staatsbürgerliche Tugend. Um die Frage, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen wollen.

 Tempo 120 auf der A12 in Brandenburg.

Tempo 120 auf der A12 in Brandenburg.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Es ist gut, dass jetzt mal wieder über ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen diskutiert wird. Nicht weil eine Rechtsänderung zu erwarten wäre – so schnell schießen die Preußen nicht. Nützlich ist die Debatte, weil sie Gelegenheit gibt, die Argumente zu sortieren. Eins hat nämlich das Potenzial, den Zwiespalt direkt zu entscheiden, mehr noch als Sicherheitsaspekte, mehr noch als selbst der Klimaschutz. Es ist die Frage, wie wir als Gesellschaft miteinander umgehen wollen. Zentral ist dabei eine Tugend, die das Bürgerliche schon im Namen trägt: Zivilität. Das ist nicht dasselbe wie die stets etwas polemisch daherkommende Zivilisiertheit (schließlich sind die anderen keine Höhlenmenschen, auch wenn sie nicht unsere Meinung vertreten) – der Duden definiert Zivilität unter anderem als „Entgegenkommen, Rücksicht“ und das zugehörige Adjektiv als „unmilitärisch, manierlich“.

All das trifft den Kern, warum ein Tempolimit geboten ist: weil Rasen kein Menschenrecht ist, Rücksicht aber staatsbürgerliche Pflicht. Weil der Krieg, der auf der deutschen Autobahn herrscht, unserer unwürdig ist. Weil nicht immer alles getan werden muss, was technisch möglich ist. Die Geschichte moderner Gesellschaften ist auch die einer schrittweisen Abkehr vom Recht des Stärkeren. Die Ausgleichsmechanismen des Sozialstaats sind ein Beispiel dafür. Das Zeitalter des Darwinismus sollte auch auf der Autobahn zu Ende gehen.

Und was die politische Kultur angeht: Dieselben Unionsparteien, die unter Verweis auf „Bevormundungswahn“ ein Tempolimit ablehnen, sperren sich gegen eine Aufhebung des Tanzverbots am Karfreitag und haben in NRW die Regelung erlassen, dass Bäcker an Pfingstmontag geschlossen haben müssen. Verbotsparteien sind immer die anderen. Diese ermüdende Polemik sollten wir uns sparen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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