Total Digital Wenn Waldo daheim vor der Kamera posiert

Für ihre vierbeinigen Lieblinge ist manchen Amerikanern kein elektronischer Schnickschnack zu teuer oder zu verrückt.

Total Digital: Wenn Waldo daheim vor der Kamera posiert
Foto: Langer

Ein Haustier zu haben, ist in Amerika ganz schön teuer. Und oft auch etwas sonderbar. Hundesteuer, Futter und Besuche beim Tierarzt — das summiert sich. Für den Hundesalon, der neben Fell scheren und shampoonieren und Pfotennägel stutzen auch Analdrüsenmassagen anbietet. Alles gegen Aufpreis, wenn sich der kleine Liebling gegen solche Dienste wehrt.

Die Transportbox, wenn der Hund zu einer Flugreise aufbricht. Oder alternativ der Aufenthalt in der Hundevollpension. Der Stundensatz für einen professionellen Dogwalker, der berufstätige Herrchen und Frauchen unterstützt. Selbst das Nachbarskind geht in der Regel nicht umsonst mit dem kleinen Liebling Gassi.

Verrückt wird es, wenn sich bei Hunde- oder auch Katzenbesitzern die Liebe zum Haustier mit der Liebe zum elektronischen Spielzeug überschneidet. Das Internet ist voll mit Katzencontent, der von der Katze selbst per Halskamera gefilmt und live gestreamt wurde. Bei YouTube kann ich aus der Perspektive einer Katze mit einer halb toten Maus spielen oder in der Wiese herumstreifen, die wie ein Urwald erscheint. Oder aus Hundesicht auf den Briefträger zustürmen. Besonders beliebt ist neuerdings das Genre: "Was mein Hund so macht, wenn er tagsüber allein zuhause ist." Den Videos nach zu urteilen, in den ersten Minuten am Fenster jaulen, dann hin- und herrennen in der Wohnung und den Rest des Tages verdösen. Nur echte Filmstars brillieren mit raffinierten Tricks, um an verbotenes Futter zu kommen.

Jetzt gibt es sogar ein elektronisches Gadget, das verhindern soll, dass der eigene Hund vereinsamt oder gar gelangweilt die Wohnungseinrichtung zerlegt. Mit einer haustiergerechten elektronischen Bildsprechanlage können Berufstätige vom ihrem Arbeitsplatz aus zwischendurch mal eben mit ihrem Liebling chatten. Die robuste Bildschirmkamera bietet vandalismussicheren Komfort. Wenn Herrchen oder Frauchen sich melden, blinkt die extragroße Maus und Waldo reagiert mit seinem Pfotendruck. Das Ganze kann mit Leckerlis unterstützt werden, die das Gerät freigibt.

Umgekehrt kann auch der Hund zu festlegbaren Zeiten den Chat starten und Herrchen von der Arbeit abhalten. Und den Kollegenkreis wahrscheinlich gleich mit dazu. Kein Scherz, das Gerät gibt es wirklich, es heißt PetChatz und kostet ohne Zubehör schlappe 380 Dollar. Eine Legende ist allerdings, dass einige Hunde damit bereits sogenanntes Chatroulette spielen, sich wahllos mit anderen Vierbeinern verbinden lassen und aufreizend posieren.

Ob Hunde solch digitalen Schnickschnack wirklich brauchen, müssen andere beurteilen. Denn Sie ahnen sicher schon: Ich habe gar kein Haustier.

Ulrike Langer ist Korrespondentin an der US-Westküste und Digital-Expertin. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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