Kolumne: Total Digital Krimi-Spannung in meinen Kopfhörern

Düsseldorf · "Serial" entfacht erneut ein Hörbuch-Fieber in den USA. Auch die zweite Staffel beruht auf wahren Begebenheiten und handelt vom Fall des US-Unteroffiziers Bowe Bergdahl.

Kolumne: Total Digital: Krimi-Spannung in meinen Kopfhörern
Foto: RP

Seit dem vergangenen Donnerstag bin ich wieder ganz Ohr, denn die neue Staffel des Krimi-Hörspiels "Serial" ist endlich da. "Serial" ist der Kult-Podcast in den USA. Ein Podcast ist quasi die zeitunabhängige Form des Radios zum Herunterladen und Abonnieren. Und jeden Donnerstag steht jetzt eine neue 45-minütige Folge als Audiodatei auf der Website www.serialpodcast.org bereit.

Vor einem Jahr, in der ersten Staffel von "Serial", ging es um den damals 17-jährigen Adnan Syed, der als Mörder seiner Mitschülerin verurteilt wurde. Der Fall wurde nie wirklich aufgeklärt und wird durch die massiven Zweifel an einem fairen Gerichtsverfahren nach 16 Jahren jetzt neu aufgerollt. Dazu hat die Journalistin Sarah Koenig mit ihrem mehrfach preisgekrönten Hörspiel entscheidend beigetragen.

Auch in der neuen Staffel geht es um einen wahren Justizfall. Doch während vor "Serial" außer in dessen Heimatstadt Baltimore kaum ein Amerikaner je von Adnan Syed gehört hatte, kennt fast jeder den Namen Bowe Bergdahl. Der Unteroffizier der US-Armee wanderte 2009 von seinem Posten in Afghanistan allein in die Wüste und wurde von Mitgliedern der Taliban geschnappt und fünf Jahre lang gefangen gehalten, bis die USA ihn im Austausch mit fünf Guantánamo-Häftlingen zurückholte. Jetzt droht ihm allerdings eine lebenslängliche Strafe in einem Militärgerichtsverfahren.

Auch dieser Fall ist voller Ungereimtheiten, und fast jeder Amerikaner hat eine Meinung dazu. Auch meine Freunde sind sich uneins: Ist Bergdahl ein Held, ein Deserteur und Verräter oder bloß ein vom Grauen des Krieges überwältigter und überforderter Soldat, der damals erst 22 Jahre alt war und die Folgen seines Handelns gar nicht absehen konnte? Egal, wie individuell die Antwort ausfällt, die Frage ist schicksalhaft und sie interessiert nicht nur eine technikaffine Minderheit: Schon die ersten elf Folgen von "Serial" wurden mehr als 80 Millionen mal heruntergeladen. Es ist der erfolgreichste Podcast seit es Podcasts gibt - seit ungefähr zehn Jahren.

Diesmal wird der Erfolg wohl noch größer werden. Und wieder einmal wird sich zeigen — wie auch bei der Netflix-Serie "House of Cards" —, dass die These vom Lagerfeuereffekt nicht mehr stimmt. Es muss nicht Live-TV oder Live-Radio sein. Es muss nur spannend sein. Richtig spannend.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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