Kolumne Total digital Einschulung als Zeitreise

Düsseldorf · Meine Schulzeit war nicht viel anders als die meiner Nichte heute. Das ist fatal.

 Schüler einer fünften Klasse eines Gymnasiums benutzen im Unterricht einen Laptop (Symbolbild).

Schüler einer fünften Klasse eines Gymnasiums benutzen im Unterricht einen Laptop (Symbolbild).

Foto: dpa/Daniel Reinhardt

Am vergangenen Donnerstag wurde meine Nichte eingeschult. Bei der Feier musste die Musik-Vorführung vorzeitig abgebrochen werden, weil die CD immer sprang. Meine Schwägerin, selbst Lehrerin, erzählte, dass man den PC in ihrem Klassenraum abgeschafft habe, weil darauf noch Windows 95 lief, für das es inzwischen keine Sicherheits-Updates mehr gibt. Nun hat sie gar keinen PC mehr. Am Nachmittag fragte mich meine Nichte, wie es bei mir damals in der Schule gewesen wäre. Was sollte ich ihr sagen? Meine Grundschulzeit ist mehr als 20 Jahre her, aber wir haben im Grunde fast genauso gelernt wie ihr?

Jedes Mal, wenn ich in Deutschland ein Schulgebäude betrete, bin ich aufs Neue entsetzt, wie wir unsere Kinder und Enkelkinder fit für das Leben machen wollen. Es ist beschämend, dass Deutschland die Kinder und Lehrer so im Stich lässt – an diesem Zustand werden auch die paar Milliarden des Digitalpakts nichts ändern.

Dieses Land und auch die Bundesländer werden seit Jahrzehnten von SPD und CDU (mit)regiert. Und obwohl sich beide Parteien als Volksparteien bezeichnen, lassen sie es zu, dass hierzulande in maroden Gebäuden gelernt wird wie im vergangenen Jahrtausend. Wer, wenn nicht großen Parteien (oder die, die es wieder werden beziehungsweise bleiben wollen), könnte daran etwas ändern?

In Deutschland wird viel über die schwarze Null diskutiert, die als Ausweis besonderer Haushaltsdisziplin gilt. Ob das immer sinnvoll ist, kann man diskutieren. Deutschland kann derzeit Kredite ohne Zinsen aufnehmen. Vielleicht sollte man also mal über ein Investitionsprogramm nachdenken? Die Rendite wären deutlich besser ausgebildete Kinder, die uns auch in Zukunft mit ihren Ideen und Entwicklungen unter den führenden Wirtschaftsnationen halten.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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