Kolumne: Berliner Republik Schlechter Stil, solide Arbeit

Berlin · Die große Koalition dürfte mindestens bis zum Jahresende durchhalten.

RP-Kolumne: Zwei schwache Partner verhindern den Bruch der großen Koalition.
Foto: dpa/Michael Kappeler

Im Regierungsviertel hat das Gänseblümchen-Zupfen eingesetzt. Blatt für Blatt: Sie hält, sie hält nicht, sie hält ... Jedenfalls sieht es so aus, als käme das ungeliebte Regierungsbündnis erst einmal bis zum Jahresende. Die Sozialdemokraten wollen ihren Parteitag, bei dem die neue Führung gewählt wird, nicht von Dezember auf ein früheres Datum vorziehen. Die Union wiederum hat gerade auch kein großes Interesse, einen Bruch herbeizuführen. Dafür sind die Umfragewerte zu schlecht, insbesondere der CDU-Vorsitzenden selbst, und die Parteizentrale in Berlin wäre für einen Bundestagswahlkampf gerade auch nicht gut aufgestellt.

Die Schwäche beider Partner stabilisiert also vorerst das Bündnis. Und die Kanzlerin selbst will sowieso am liebsten bis 2021 regieren. Gleiches gilt für die Bundestagsabgeordneten. Viele Parlamentarier von Union und SPD müssten im Fall von Neuwahlen mit dem Verlust ihres Mandats rechnen. Zudem investieren die meisten Abgeordneten auch aus ihrem Privatvermögen, um einen Wahlkampf zu bestreiten. Für die Minister sieht die Lage nicht besser aus: Auch ein Großteil von ihnen fände sich in einer nächsten Regierung kaum wieder. Es gibt also viele individuelle Gründe, den Laden am Laufen zu halten. Um an dieser Stelle nicht das Vorurteil zu schüren, in der Politik sei sich nur jeder selbst der Nächste: Gearbeitet wird auch noch. Eigentlich ist es sogar erstaunlich, wie viele Gesetze trotz der tiefen Krise der Regierungsparteien verabschiedet werden können – zu den Bereichen Sicherheit, Fachkräfte-Zuwanderung, Pflege, Gesundheit, Familie. Wenn alles gut geht, folgt sogar noch ein ehrgeiziges Klimaschutzgesetz. Die Außenwirkung ist dennoch mies. Rein inhaltlich ist die Bilanz nicht ambitioniert und zu wenig auf Zukunft ausgerichtet, kann aber mit dem Prädikat solide versehen werden.

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Autorin: kolumne@rheinische-post.de

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