Kolumne Rassismus im Alltag Die bösen Wörter

Rassismus steckt auch in unserer Alltagssprache. Die Debatte darüber muss klar, aber auch behutsam sein. Denn sie muss auch alle diejenigen erreichen, die sich nicht beruflich mit Sprache oder Diskriminierung beschäftigen. Also fast alle.

 Mit Plakaten bekunden Demonstranten auf dem Römerberg in Frankfurt ihre Solidarität mit den Anti-Rassismus-Protesten in den USA.

Mit Plakaten bekunden Demonstranten auf dem Römerberg in Frankfurt ihre Solidarität mit den Anti-Rassismus-Protesten in den USA.

Foto: dpa/Boris Roessler

Rassismus ist nicht nur eine Frage der politischen Programme, sondern auch eine unserer Sprache. Neulich hat der Rat der Stadt Köln beschlossen, sich für eine Vermeidung des „N*Worts“ (so steht es in der Vorlage) einzusetzen. Immerhin erläutert eine Fußnote, was das „N*Wort“ sein soll: „der rassistische Begriff ,Neger’“. Es gibt Aktivisten und Experten, die jede Nennung umgehen wollen, weil damit Beleidigungen immer neu reproduziert würden. Im Fernsehen würde man sagen: Das Wort wird weggepiept.

Vieles an dieser Argumentation ist richtig: „Neger“, noch vor 50 Jahren ganz unreflektiert für Menschen dunkler(er) Hautfarbe verwendet, wird von den meisten Gemeinten als rassistische Beleidigung empfunden – und weil das so ist, stellt das der Gesellschaft eine Aufgabe. Auch das trotzige „Man wird doch wohl noch“ führt nicht weiter: Selbst wenn das Wort nicht strafbewehrt ist, darf sich jeder fragen, ob er einfach aus Prinzip „Negerkuss“ sagen muss. Erst recht dürfen sich das diejenigen fragen, die schon die Bezeichnung „alter weißer Mann“ als diskriminierend empfinden. Mit Sprachpolizei hat das nichts zu tun: Der Anstand gebietet es, auf Herabsetzungen zu verzichten.

Und doch müssen wir aufpassen, dass die Debatte vermittelbar bleibt. Bei der Geschlechtergerechtigkeit ist das misslungen, wie Umfragen zeigen: „Gendersprache“ wird abgelehnt. Beim Kampf gegen Rassismus darf es nicht noch einmal passieren. Formelhaftigkeit, Sternchen, Tabuisierung werden die entscheidenden Teilnehmer aus der Debatte aussteigen lassen – diejenigen, die sich nicht beruflich mit Sprache oder Diskriminierung beschäftigen. Also fast alle. Behutsam, aber klar sagen, worum es geht, zum Beispiel eben um das üble Wort „Neger“: Nur das hilft, wenn wir mehr Respekt erreichen wollen.

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