Politisch Inkorrekt Westen fehlt Konzept gegen entschlossenes Handeln

Die Krim-Krise zeigt schonungslos, was für Papiertiger die Staaten des Westens inzwischen geworden sind: wirtschaftliche Riesen, politische und militärische Zwerge. Die Unfähigkeit von EU und USA, auf die aktuelle Herausforderung durch Russland überzeugend zu reagieren, macht Angst.

Nur noch wenige Wochen, dann ist Ostern. Für die Christen das wichtigste Fest des Jahres, für ein versprengtes Häuflein Apo-Opas und DKP-/Linke-Aktivisten Zeit zur Generalmobilmachung. Ostermärsche nennen sich die trostlosen Ansammlungen kleiner Grüppchen von Radlern und Wanderern mit bunten Luftballons, die sich alljährlich aufmachen, "Nato-Imperialisten" und Bundeswehr zu geißeln und Bratwürste für den Frieden zu grillen. Gegen die Annexion der Krim durch Russland werden sie — da bin ich sicher — dieses Mal ebenso wenig protestieren wie im vergangenen Jahr gegen Nordkoreas Atomwaffen-Tests. Der Feind, das ist für diese Ewiggestrigen klar, steht im Westen. So wie für die Generation unserer Großväter der Feind immer im Osten stand. Über die Sinnhaftigkeit des (Wieder-)Anschlusses der Krim an Russland ist schon viel geschrieben worden. Putin hat Tatsachen geschaffen, genau genommen ist das Thema durch. Spannender ist, was die Länder des Westens und damit auch Deutschland für Lehren aus den Ereignissen der vergangenen Wochen ziehen. Russlands Handeln ist nur vor dem Hintergrund möglich, dass erkennbar kein ernster Widerstand zu erwarten war. Okay, 21 Elite-Russen dürfen nicht mehr am Ballermann Urlaub machen, ihre — wahrscheinlich rechtzeitig leer geräumten — Bankkonten sind eingefroren. Und wenn die nächste Stufe der EU-Sanktionen zündet, dürfen russische Milliardärs-Gattinnen wahrscheinlich nicht einmal mehr im Berliner KaDeWe Parfum einkaufen. Aber viel mehr hat der gesamte Westen zur Abschreckung nicht aufzubieten. Die Länder Westeuropas haben sich in ihrer Rolle als bedeutende Wirtschaftsmacht ohne jede politische oder gar militärische Strategie gemütlich eingerichtet. So entstehen Freizonen, die machtbewusste Nationen kalt ausfüllen. Heute melden sich schon die Wirtschaftsverbände zu Wort und mahnen, keine Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Ging schnell dieses Mal. Seit 1938 gab es in unserem Teil der Welt kein hilfloseres Agieren der Westmächte mehr. Und Obama? Ist der noch im Amt?

Die Lehre dieser Tage ist: Europa muss außenpolitisch und militärisch endlich ein klares Profil entwickeln. Deutschland diskutiert über gendergerechte Sprache und Klo-Häuschen mit drei Türen, damit sich diejenigen, die nicht entscheiden wollen, ob sie Mann oder Frau sind, nicht ausgegrenzt fühlen. Wir glauben, wenn wir die Welt nur mit genügend Windenergieanlagen beglücken, wird alles gut. Aber andere Staaten verändern die Landkarte. Kein Wunder, dass die baltischen Staaten nervös werden.

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(RP)
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