Politisch Inkorrekt Weil das hier bei uns so üblich ist . . .

Der Verlust der Freiheit ist ein schleichender Prozess. Er setzt ein, sobald die Bürger in einer demokratischen Gesellschaft alle behördlichen Regeln kritiklos übernehmen, ohne über deren Sinnhaftigkeit auch nur noch nachzudenken.

Eine Parkscheibe muss blau sein und die Maße 110 mal 150 Millimeter haben. Ist sie zum Beispiel grün und hat die Maße 105 mal 140 Millimeter, dann ist sie ungültig und schützt — auch wenn sie exakt das Gleiche anzeigt — nicht mehr vor Bußgeld. Ja, es ist beruhigend, in einem Land zu leben, in dem sich Staatsdiener mit derart wichtigen Fragen beschäftigen. Nicht dass etwa jemand eine Parkuhr benutzt, die violett und 108 x 155 Millimeter groß ist.

Vergangene Woche hielt ich kurz vor der Sparkassenfiliale meines Vertrauens. Ich habe da keinen fließenden Verkehr behindert, keine Ausfahrt zugeparkt und auch niemanden blockiert. Viel Platz, alles frei. Ich ging hinein und zog einen Kontoauszug. Ich schätze, es hat insgesamt maximal drei Minuten gedauert. Als ich zurückkam, klemmte unter dem Scheibenwischer ein Knöllchen. Weil der Blauuniformierte vom Ordnungsamt noch in der Nähe stand, ging ich empört zu ihm und fragte, warum ich zehn Euro Bußgeld zahlen soll. Seine Antwort: "Weil da ein Schild steht." Ja klar, wenn da ein Schild steht, muss man es machen, auch wenn es idiotisch ist. Gut, dass da kein Schild stand, auf dem ich zum Anzünden meines Autos aufgefordert wurde. Da hätte sonst richtig was passieren können.

Cornelia Baranski betreibt seit 25 Jahren einen Lederwaren- und Geschenkartikel-Laden in Herne. Als sie anlässlich des Jubiläums jüngst ihren treuen Kunden ein Glas Sekt spendieren wollte und das öffentlich verkündete, kam Post vom Ordnungsamt. Sie solle den Getränkeausschank behördlich genehmigen lassen und 30 Euro Gebühr zahlen, teilte man ihr mit. Andernfalls drohe ein Bußgeld von 350 Euro.

Ein Sprecher der Stadt erklärte anschließend, das sei rechtmäßig. Er erklärte nicht, warum so etwas überhaupt gesetzlich geregelt ist. Frau Baranski hat lediglich drei Flaschen Sekt gekauft, geöffnet und kostenlos ausgeschenkt. Was geht das die Stadt an?

Das ist so, das machen wir so, das war schon immer so — das reicht heute aus, um zu begründen, warum dieser Staat sich immer dreister in unser Leben einmischt. Und bevormundet, gängelt, abkassiert. Wann kommt mal ein Politiker oder besser noch eine Partei und beginnt, diesem Quatsch infrage zu stellen? Einfach mal all die Regeln und Verbote hinterfragen. Ich verspreche jede denkbare Unterstützung schon bei der anstehenden Kommunalwahl im Mai für eine solche Politik. Dass endlich mal einer die Fenster öffnet und frische Luft in diesen durchbürokratisierten Vollversorgungsstaat pusten lässt, bevor man uns irgendwann auch noch das Geradeausgehen reglementiert.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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