Politisch Inkorrekt Ist Tebartz-van Elst der neue Wulff?

Seit Wochen steht der Limburger Bischof im Kreuzfeuer der Kritik. Mitleid ist kaum angebracht, denn er selbst ist der Auslöser. Aber fragwürdig bleibt, wie er gejagt wird.

Der Fall des Bischofs Franz-Peter Tebartz-van Elst ist inzwischen längst mehr als eine Causa Limburg. Es geht um das Selbstverständnis einer katholischen Kirche, die vom emeritierten Papst Benedikt VXI. einst in seiner bemerkenswerten Freiburger Rede aufgefordert worden ist, sich ein Stück weit aus "der Welt" zurückzuziehen. Eine Kirche, deren aktueller Papst Franziskus zu Demut und Bescheidenheit mahnt, etwa wenn er sagt, es bereite ihm Unbehagen, Geistliche in neuen Dienstwagen zu sehen.

Zu dieser Haltung passt das sichtbar gewordene Gebaren des Bischofs Tebartz-van Elst nicht. Dabei ist die Kostensteigerung für das "Diözesane Zentrum" nicht das größte Problem, sondern die bekanntgewordenen Details. Einbauschränke für 350 000 Euro in der Privatwohnung? Eine renovierte Decke erneut aufreißen, damit ein Adventskranz "schwebt" — für 100 000 Euro? Nein, das ist nicht kompatibel mit der Kirche Jesu, wie ich sie kenne und schätze. Ebenso wenig übrigens wie ein First-Class-Flug zu armen Kindern in indischen Elendsvierteln. Ob es Mehrkosten gab, ist belanglos. Ein hoher Repräsentant der Kirche tut so etwas nicht, weil es obszön wirkt angesichts des Elends auf dieser Welt.

Aber es gibt auch andere Facetten, die bei diesem Thema wichtig sind. Bemerkenswert fand ich jüngst die Wortmeldung des Kölner Rocksängers Wolfgang Niedecken, der mahnte, die Kritik am Bischof dürfe nicht zu einer "Hexenjagd" ausarten. Dazu muss man wissen, dass der Sänger 1980 selbst der katholischen Kirche den Rücken kehrte.

Hexenjagd — ein brutales Wort, das angesichts anderer Fälle durchaus angebracht erscheint. Manche Medien und auch Teile der Bevölkerung scheinen geradezu Spaß daran zu haben, gestrauchelte Prominente möglich komplett zu ruinieren. Denken Sie an Christian Wulff, alles andere als ein überzeugender Bundespräsident. Was war das für eine monatelange Jagd auf den angeblichen Vorteilsnehmer im Amt und Bobby-Car-Empfänger. Und was ist letztlich von all den Vorwürfen und Ermittlungen übrig geblieben?

"Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein", sagte Jesus Christus einst zu den Anklägern der Ehebrecherin. Es wäre zu wünschen, dass sich an diesen Satz auch andere kirchliche Würdenträger erinnern, die Limousinen mit Chauffeur nutzen oder millionenteure Bauten errichten lassen. Oder die medial gehätschelten Politiker, die Millionen und Milliarden Euros zum Fenster hinausschmeißen bei Stuttgart 21 oder dem neuen Berliner Großflughafen, den es irgendwann mal geben soll. So Gott will.

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(RP)
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