Politisch Inkorrekt Guten Tag, ich bin Ihr V-Mann

Die Arbeit der Verfassungsschützer soll für die Bürger transparenter werden. Das ist der Zweck eines Gesetzentwurfs des Landesinnenministers. Ob das Gesetz zu mehr Sicherheit führt, erscheint zweifelhaft.

Ein Geheimdienst ist laut Lexikon eine Behörde, die auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln Informationen zur Sicherheitslage sammelt. Deutschland hat mit BND, MAD und Verfassungsschutz, zuständig für die Innere Sicherheit, gleich drei solcher Behörden. Nun hat der Verfassungsschutz im Zusammenhang mit den Morden einer rechtsradikalen Verbrecherbande offensichtlich alles andere als gute Arbeit geleistet, weshalb allerorten eine Reform gefordert wird. NRW-Innenminister Ralf Jäger legte diese Woche dazu einen atemberaubenden Maßnahmenkatalog vor.

In Fragen von Transparenz und Kontrolle sei es der modernste Gesetzentwurf, sagte der Minister und meinte damit nicht die Kontrolle von Rechts- und Linksextremisten oder Islamisten. Es geht um die Kontrolle der Kontrolleure. Sogenannte V-Leute dürfen fortan nur noch Personen sein, die selbst keine "erheblichen Straftaten" begangen haben und die aus der Informanten-Tätigkeit nicht ihr einziges Einkommen beziehen. Wohnräume verdächtiger Personen dürfen nicht mehr überwacht werden, aber dafür dürfen Verfassungsschützer im Internet lesen, was die Bösen selbst über sich preisgeben. Also, wenn auf Facebook demnächst ein radikaler Wirrkopf schreibt: "Ich baue jetzt eine Bombe" — schwupps, schon haben sie ihn. Und wenn er die Bombe nicht in seiner Wohnung, sondern zum Beispiel auf einem öffentlichen Radweg baut — haben sie ihn auch. Problematischer wird es, wenn die das nicht so machen, wie unsere Politiker es gern hätten.

Die Finanzämter dürfen ungefragt unsere Konten checken, die GEZ gleicht gerade die Daten von 70 Millionen Bundesbürgern mit den Einwohnermeldeämtern ab. Das finden Volksvertreter in Ordnung. Wenn aber Polizei und Nachrichtendienste Informationen benötigen, wird gebremst. Deshalb verweigert man der Polizei ein notwendiges Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung. Deshalb wird jede Videokamera auf einem öffentlichen Platz als Anschlag auf die Demokratie gegeißelt.

Am besten stellen sich Personen, die in eine Nazi-Struktur oder eine Salafisten-Zelle eingeschleust werden sollen, demnächst bei diesen Leuten unter Vorlage eines gültigen Angestelltenvertrages und eines polizeilichen Führungszeugnisses vor: "Guten Tag, ich bin ein verdeckter Ermittler, der Sie ausspähen soll." Oder noch besser: Alle Geheimagenten in Deutschland tragen zukünftig eine Uniform mit Namensschild, damit ihre Arbeit auch für die Extremisten transparenter wird. Nachrichtendienstliche Mittel werden dann nur noch eingesetzt, um heimliche Raucher aufzuspüren.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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