Politisch Inkorrekt Die große Koalition ist Mist. Macht sie trotzdem!

Wer hat bei diesen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD gewonnen? Das fragen sich in diesen Tagen viele Menschen in Deutschland. Ohne in eine tiefere Text-Exegese einsteigen zu wollen, ist der vorherrschende Eindruck: Die Sozialdemokraten haben gewonnen. Das ist in erster Linie dem strategischen Geschick von Parteichef Sigmar Gabriel zuzuschreiben, der mit der Ankündigung, letztlich die SPD-Parteibasis entscheiden zu lassen, die Union vom ersten Tag der Gespräche an vor sich hertrieb. Dann noch das clevere "Good cop, bad cop"-Pingpong mit der mächtigen Ministerpräsidentin und NRW-Chefin der SPD, Hannelore Kraft – da hatte die Union nur wenig gegenzuhalten außer der mantrahaft wiederholten Aussage, man habe auch keine Angst vor Neuwahlen. Das klang wie das Pfeifen im dunklen Walde, denn alle wussten: Angela Merkel will weitermachen.

Wer hat bei diesen Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD gewonnen? Das fragen sich in diesen Tagen viele Menschen in Deutschland. Ohne in eine tiefere Text-Exegese einsteigen zu wollen, ist der vorherrschende Eindruck: Die Sozialdemokraten haben gewonnen. Das ist in erster Linie dem strategischen Geschick von Parteichef Sigmar Gabriel zuzuschreiben, der mit der Ankündigung, letztlich die SPD-Parteibasis entscheiden zu lassen, die Union vom ersten Tag der Gespräche an vor sich hertrieb. Dann noch das clevere "Good cop, bad cop"-Pingpong mit der mächtigen Ministerpräsidentin und NRW-Chefin der SPD, Hannelore Kraft — da hatte die Union nur wenig gegenzuhalten außer der mantrahaft wiederholten Aussage, man habe auch keine Angst vor Neuwahlen. Das klang wie das Pfeifen im dunklen Walde, denn alle wussten: Angela Merkel will weitermachen.

Die CSU konnte einige Punkte verbuchen, etwa die Pkw-Maut für Ausländer, von der sozialdemokratische Verhandler schon jetzt flüstern, dass sie sowieso nie kommen wird. Und das Betreuungsgeld bleibt. Das ist gut und richtig, aber es wäre besser gewesen, man hätte wenigstens festgezurrt, dass diese Leistung für die Mehrzahl der Familien mit Kindern auch in den SPD-geführten Bundesländern nun endlich offensiv verteilt wird. Die CDU freut sich, dass auch die Mütterrente endlich auf frühere Jahrgänge Anwendung finden wird — eine Schande, dass das nicht schon viel eher beschlossen wurde.

Und sonst? Die Energiewende soll kraftvoll angegangen werden, die Staatsverschuldung auch — bei gleichzeitigen Mehraufwendungen. Der Mindestlohn kommt, die Mietpreisbremse, die doppelte Staatsbürgerschaft. Wäre ich SPD-Mitglied, würde ich mir die Augen reiben, was man mit 25,7 Prozent heutzutage alles durchsetzen kann. Doch dort, an der Parteibasis, ist lautes Grummeln zu vernehmen, die Zustimmung bei der Mitgliederbefragung scheint keineswegs sicher.

"Opposition ist Mist", hat der sozialdemokratische Philosoph Franz Müntefering mal zu Recht gesagt. Wenn die Mitglieder der stolzen alten Tante SPD das nicht beherzigen sollten, gibt es genau drei Alternativen. Erstens: Schwarz-Grün, quasi "Veggie-Day" im Kanzleramt, womöglich mit Jürgen Trittin als oberstem Verwalter der Staatsfinanzen. Zweitens: Rot-Rot-Grün, was Wahlbetrug wäre und was die SPD nicht machen wird — dieses Mal. Oder drittens: Neuwahlen, dann mit der Aussicht auf zweitens. Und wenn ich mir diese Alternativen anschaue, bin ich für eine große Koalition und halte mich an der Erinnerung fest. Denn beim letzten Mal haben sie es ja gar nicht schlecht gemacht.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de "Politisch inkorrekt — Texte gegen den Strom", Klaus Kelles Kolumnen demnächst als Buch (12,95 Euro). Vorbestellung unter 0800 7727773 (Mo—Fr, 8— 16 Uhr) oder unter www.rp-shop.de (Auslieferung ab 13. Dezember).

(RP)
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