Politisch Inkorrekt Der Staatsfunk sollte Dienstleister für die Bürger sein

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind wieder in der Diskussion. Sollen sie erziehen und unterhalten? Oder wird es Zeit, den Auftrag der zwangsgebührenfinanzierten Sender endlich neu zu formulieren?

Die amerikanische Tea Party hat es geschafft. Nachdem einer ihrer Kandidaten bei Vorwahlen in Wisconsin überraschend einen etablierten Kandidaten der Republikanischen Partei aus dem Rennen fegte, wurde die Organisation in den WDR-Nachrichten als "erzkonservativ" bezeichnet. Das ist im öffentlich-rechtlichen Rundfunk nach "konservativ" und "Rechtspopulist" die höchste Stufe der Missbilligung, die politisch unerwünschte Ansichten im demokratischen Spektrum erreichen können. Der Staatsfunk quasi als Einsortierer für politische Meinungen.

Doch es sind andere Meldungen, die das Thema öffentlich-rechtliche Anstalten in diesen Tagen in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Zum Beispiel die scharfe Kritik des Wetterexperten Jörg Kachelmann daran, wie amateurhaft der WDR den Sturm und das "Jahrhundertgewitter" am Montag behandelt hat. Hätte man von einem zwangsgebührenfinanzierten Sender nicht mehr erwarten müssen? Eindringliche Warnungen schon morgens? Eine Änderung des Programms, um die Hörer an Rhein und Ruhr schnellstmöglich zu informieren? Lebensgefahr statt Jubiläum in Entenhausen?

Oder die Meldung, dass ARD und ZDF sich bereits jetzt um die Übertragungsrechte für die Fußball-WM 2022 in Katar bewerben. Für einen fetten dreistelligen Millionenbetrag aus unseren Zwangsgebühren. Genaue Zahlen werden nicht genannt, alles bleibt so geheim, wie auch die Honorierung bekannter Moderatoren. Und das von Sendern, die in Kommentaren gern "mehr Transparenz" fordern - außer bei sich selbst.

Es brodelt unter der Oberfläche, Sinn und Zweck des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gehören auf den Prüfstand. Ist der Programmauftrag aus den 50er Jahren noch aktuell im digitalen Zeitalter, da Programme aller Art weltweit verfügbar sind? Ist es notwendig, dass alle Bürger mit einer Zwangsabgabe platte Comedy, politische Volkserziehung und den Milliardenzirkus Profisport finanzieren?

Ich bin für Beibehaltung des öffentlich-rechtlichen Systems - aber deutlich abgespeckt. Information, Dokumentation, Analyse und Service für die Nutzer, so stelle ich mir das vor. Und das verteilt auf wenige klug konzipierte Radio- und TV-Sender. Und ohne Werbeunterbrechungen. Das wäre dann wirklich eine "Demokratieabgabe", die annähernd jeder Bürger gern bezahlen würde. Und wenn ein gefährliches Unwetter droht, auch für Programmverantwortliche der regionalen Sender, die trotz eines Feiertags das geplante Programm über den Haufen werfen, um ihre Arbeitgeber - uns - früh und umfassend zu warnen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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