Mit Verlaub! Wider die Trumpisten bei uns

Wenn Ältere gegen Andersdenkende pöbeln, sind Hopfen und Malz verloren. Auf die Jüngeren und deren Mut zu politischer Vernunft muss man vertrauen.

Mit Verlaub!: Wider die Trumpisten bei uns
Foto: Michels

Soeben wurde ich Zeuge, wie ein Mensch von immerhin 69 Jahren im Stil eines Schulhof-Rüpels verbal aus dem Leim ging. Der Alt-Pubertierende zielte mit allerlei Pöbel-Pfeilen gegen einen anderen, dessen politische Meinung ihm nicht passte und dem er deshalb den immerwährenden Ruhestand an den Hals wünschte. Aha, dachte ich, auch bei uns sprießen also die Trumps, wenn auch im Miniaturformat und ohne vergleichbar messbaren Einfluss.

Die Unflätigkeit im Ausdruck, gepaart mit dem Unwillen, dem Andersdenkenden seine Meinung zu lassen, verrät den kleinen schäbigen Diktator. Vorgestern wurde in dieser Zeitung eine dazu passende Aussage von Papst Franziskus zitiert: "Wenn ich ein Problem mit abweichenden Meinungen hätte, läge darin der Keim zu einer Diktatur." Der Argentinier in Rom wird mehr und mehr zu einer Instanz. Jenen 69-jährigen Pöbler wird man nicht mehr zu politischer Vernunft und charakterlicher Reife bringen können. Auch jener politisch übermotivierte Bayer, der die bevorstehende Kür des neuen SPD-Kanzlerkandidaten und-Vorsitzenden Martin Schulz zum Anlass nahm, den andersdenkenden Schulz wegen dessen rheinischer Sprachfärbung zu beleidigen, gehört zum neuen Trumpismus - der, kaum geboren, ostwärts über den Atlantik zu uns herüberschwappt.

Die deutschen Mini-Trumps älterer Jahrgänge sind zu ertragen wie Bauchschmerzen. Zu ihnen fällt einem ein selbstironischer Schüttelreim des legendären Richard-Wagner-Dirigenten Felix Mottl ein, den der unvergessene Hellmuth Karasek oft zitiert hat: "Was gehst du hin zu Mottls Tristan und schaust dir dieses Trottels Mist an. Schaff lieber dir ein Drittel Most an, trink dir mit diesem Mittel Trost an."

Selbst wenn Resignation nach einem alten Bonmot die edelste Nation darstellt: Auch vor diesem Nationalismus sollten wir uns hüten. Denn bei der Jugend sind Hopfen und Malz charakterlich und politisch naturgemäß noch nicht verloren. Man kann und muss demnach hoffen, dass sich die nachwachsende Generation von der "Verwahrlosung politischer Sitten" (Philosoph Oskar Negt) eines Trump, eines Putin oder einer Le Pen nicht anstecken lässt; und dass die Nachwachsenden im besten Sinne konservativ und endlich politisch hochmotiviert Widerstand leisten gegen einen enthemmten Kapitalismus ("Raubtier-Kapitalismus"), der ihnen Chancen vorgaukelt, in Wahrheit aber stiehlt.

Es ist Zeit, mit frischen Gesichtern und Ideen zwei politische Jahrhundertprojekte auf dem alten Kontinent wieder mit Leben zu füllen: ein geeintes Europa und die soziale Marktwirtschaft.

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