Mit Südeuropa Mehr Solidarität bitte

Meinung | Düsseldorf · Südeuropa droht in der Corona-Krise der Absturz. Schnelle Hilfe ist gefragt.

 Spanien braucht Hilfe: Covid-19-Patienten werden in einem provisorischen Feldlazarett in Madrid betreut.

Spanien braucht Hilfe: Covid-19-Patienten werden in einem provisorischen Feldlazarett in Madrid betreut.

Foto: dpa/Manu Fernandez

Am 16. Juni 2017 verstarb Helmut Kohl. Heute wäre er 90 Jahre alt geworden. An Helmut Schmidt, Kohls Vorgänger als Bundeskanzler, wird in dieser herausfordernden Zeit öfters erinnert. Schmidt zierte noch als steinaltes Orakel von der Alster der Lorbeer des beherzten „Krisenmanagers“. Seine Führungsqualitäten waren schon bei der Sturmflutkatastrophe in Hamburg 1962 zu Tage getreten. Kohl hatte es schwerer, seine herausragende politische Begabung gegen eine vorgefestigte, veröffentlichte Meinung zur Geltung zu bringen. Erst in den elf Wundermonaten zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung gelang ihm das. Deshalb empfinde ich es als gerecht, dem Kanzler der Einheit und „deutschen Churchill“ zum 90. diese Zeilen zu widmen.
Der Ehrenbürger Europas hätte alles daran gesetzt, das Jahrhundertprojekt Europa gerade jetzt, wo es ermattet wirkt, zu reanimieren. Es ist, als hätten wir Kohls „Ceterum censeo“ im Ohr, wonach deutscher und europäischer Patriotismus zwei Seiten ein und derselben Medaille seien. Wenn Deutschland meint, es käme gestärkt aus der massiven Gesundheits- und Wirtschaftskrise raus, wenn zugleich Italien und Spanien ins Mark getroffen am Boden bleiben, ist ihm nicht zu helfen. Was, zum Donnerwetter, ist denn eine Hausgemeinschaft wert, wenn den besonders gefährdeten Mitbewohnern ein paar Pflaster in den Briefkasten gelegt werden?
Das Haus Europa zeigt Risse, dem Südflügel droht Einsturzgefahr. Hinter den Jalousien lauern Nationalisten als Abbruchunternehmer. Die Brüsseler Hausverwaltung ist ein Ausfall, von den nur drei Ehrenbürgern Europas sind zwei (Jean Monnet und Helmut Kohl) verstorben, der einzig Verbliebene, Jaques Delors, befindet sich im 95. Lebensjahr. Wer nimmt die blaue Flagge in die Hand und zeigt geistige Führung?

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