Kolumne Hier in NRW Reuls Schwäche ist seine Stärke

Düsseldorf · Der NRW-Innenminister stellt sich auch mal selbst infrage. Und das ist gut so.

 NRW-Innenminister Herbert Reul.

NRW-Innenminister Herbert Reul.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Zu den wichtigsten Regierungsprojekten der zweiten Jahreshälfte gehört in Nordrhein-Westfalen das neue Polizeigesetz, dessen ersten Entwurf NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) nach massiver Kritik zurückgezogen hat. Reul begründete das vor den Sommerferien mit Lernbereitschaft: Er nehme die Kritik der Experten ernst.

Vor wenigen Tagen dokumentierte Reul erneut seine Lernbereitschaft. Im Zusammenhang mit einem Gerichtsbeschluss zum Gefährder Sami A., der dessen Rückführung nach Deutschland vorsieht, kritisierte Reul zunächst das Gericht. Nach einem Sturm der Entrüstung entschuldigte Reul sich für die Missverständlichkeit seiner Bemerkung. Er habe die staatlichen Institutionen nur auffordern wollen, sich besser zu erklären – und nicht die richterliche Unabhängigkeit infrage gestellt.

 Kolumnen-Autor Thomas Reisener.

Kolumnen-Autor Thomas Reisener.

Foto: Ronny Hendrichs

Eigentlich hat Reul sich in beiden Fällen nichts vorzuwerfen. Es ehrt einen Minister sogar, wenn er einen Gesetzentwurf überarbeitet, weil Experten Kritikpunkte identifiziert haben. Und selbst wenn Reul den Sami-A.-Gerichtsbeschluss kritisiert hätte (was er im Nachhinein ja nicht einmal getan haben will), wäre auch das keine Affäre. Politiker sind vom Recht auf freie Meinungsäußerung nicht ausgenommen, und Gerichte nicht davor geschützt.

Reuls Problem: Der Umweg der Gegenthese ist im öffentlichen Diskurs nicht mehr gefragt. Das Publikum liebt Protagonisten mit plakativen Standpunkten. Bewertet wird ihre Durchsetzungsstärke, nicht die Debatte. Für Politiker wie Reul, die sich auch mal selbst infrage stellen, die ihren Standpunkt nicht immer schon gehabt haben sondern zum Teil auch erst öffentlich suchen, und die all das dann auch noch zugeben, ist diese Entwicklung fatal. Für die Demokratie leider auch.

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