Kolumne „Gott und die Welt“ Niemals vergessen

Meinung | Düsseldorf · Auch in der Corona-Krise braucht es das Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges am 8. Mai 1945. Wir müssen uns an die Verantwortung aus der Geschichte erinnern, als wir befreit worden sind zu Empathie, Solidarität, Nächstenliebe und Weltverantwortung.

 Die Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen.

Die Baracken des ehemaligen Konzentrationslagers in der Gedenkstätte Sachsenhausen.

Foto: dpa/Paul Zinken

Diese Corona-Wochen entfalten, so scheint es, ihre eigene Zeitrechnung: Tag X der Kontaktminimierung, Tag Y der Lockerung. Aber auch in diesen verrückten Zeiten stehen wichtige Erinnerungstage im Kalender. In 14 Tagen jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs und der deutschen Gewaltherrschaft zum 75. Mal.

„Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.“ Dieser Satz stammt aus der bemerkenswerten Gedenkrede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Er hielt sie bei der Feierstunde zum 40. Jahrestag im Bundestag. Weizsäckers Satz über das Ende des 2. Weltkrieges wurde 1985 viel diskutiert. Damals waren die Bilder der Ermordeten und Gefallenen, der Verwundeten und Traumatisierten, der Vertriebenen und der Leidenden noch lebendig in den Erinnerungen der Zeitzeugen. Sie waren noch nicht so verblasst wie heute. Umso wichtiger ist es mir, dass dieser Gedenktag in diesem Jahr nicht in den berechtigten Sorgen und Nöten der Corona-Pandemie untergeht.

Ich bin kein Zeitzeuge. Ich bin Nachgeborener. Aber ich lasse mich an die Verantwortung aus der Geschichte erinnern: Wir sind befreit worden von Verachtung, Ausgrenzung und Nationalismus. Und wir sind befreit worden zu Empathie, Solidarität, Mitmenschlichkeit – als Christ nenne ich es Nächstenliebe – und Weltverantwortung.

Diese Werte konkret zu leben, ist alles andere als einfach. Aber gerade diese herausfordernden Corona-Zeiten machen deutlich, wie gut es ist, wenn wir dem eine lebendige Gestalt geben, wozu wir befreit worden sind: um Gottes und der Menschen willen.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski schreibt hier einmal im Monat.
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