Kolumne "Hier in NRW" Wie lange sollen die Opfer noch warten?

Düsseldorf · Das Ermittlungsverfahren zieht sich hin. Dass alles nicht so schnell geht, wie es sich die Opfer wünschen, liegt auf der Hand. Aber nach mehr als drei Jahren sollten die Staatsanwälte endlich zu einem Abschluss kommen.

 Unser Autor Detlev Hüwel.

Unser Autor Detlev Hüwel.

Foto: Phil Ninh

Mehr als drei Jahre ist es her, dass in Duisburg das Treffen Zigtausender junger Menschen zur Loveparade mit einer Katastrophe endet: 21 Besucher starben am 24. Juli 2010 bei Ausbruch einer Massenpanik in dichtem Gedränge; die meisten von ihnen wurden zu Tode getrampelt. Mehr als 500 Frauen und Männer wurden zum Teil schwer verletzt.

Sie und die Angehörigen der Opfer fordern seit Langem, dass die Verantwortlichen aufseiten von Stadt, Veranstalter und Ordnungskräften zur Rechenschaft gezogen werden. Doch das Ermittlungsverfahren zieht sich; es zieht sich quälend lange hin. Wie lange eigentlich noch?

Die Staatsanwaltschaft Duisburg verweist auf die "Komplexität des Sachverhalts". Mehr als 3500 Zeugen seien vernommen worden. Allein die Hauptakten umfassten 30 000 Blatt Papier. Hinzu kämen 963 Stunden Foto- und Videomaterial, das es zu sichten und auszuwerten gelte. Ein Team von Staatsanwälten arbeite "mit Hochdruck an der strafrechtlichen Aufarbeitung", hieß es bereits vor Monaten.

Doch noch immer warten die Betroffenen auf konkrete Schritte. Bei der Gedenkfeier zum dritten Jahrestag der Katastrophe klagte der Vater einer zu Tode gekommenen spanischen Studentin über die deutsche Justiz: Während in Italien nach dem Unglück des Kreuzfahrtschiffs "Costa Concordia" bereits Urteile gegen Angestellte der Reederei verhängt wurden, sei in Duisburg nicht einmal Anklage erhoben worden.

Auf den an sich absolut nachvollziehbaren Grundsatz "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" kann sich die Justiz nach Ansicht des Düsseldorfer Opfer-Anwalts Julius Reiter inzwischen nicht mehr berufen: "Irgendwann muss ein Verfahren auch zum Abschluss gebracht und Anklage erhoben werden."

Ins Visier gerät auch Duisburgs OB Sören Link (SPD), der den von den Bürgern abgewählten CDU-Politiker Adolf Sauerland abgelöst hat. Die "Loveparade-Selbsthilfe" ist enttäuscht von seinem Verhalten und wirft ihm "Aussitzen als Strategie" vor. Link habe keinen der damals zuständigen Mitarbeiter "auch nur versetzt, geschweige denn ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt". Die Behauptung, es gebe "den begründeten Verdacht, dass Dezernenten und andere städtische Mitarbeiter E-Mails zur Loveparade gelöscht haben", hat NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) jedoch zurückgewiesen.

Dennoch bleibt die Frage nach menschlichem Fehlverhalten. Dass die Beantwortung länger dauert, als es sich die Opfer wünschen, liegt auf der Hand. Aber nach mehr als drei Jahren sollten die Ermittlungsbehörden nun doch endlich zu einem Abschluss kommen.

(RP)
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