Kolumne: Hier In Nrw Wer ist die Nummer eins im Land?

Landtagspräsidentin Carina Gödecke oder Ministerpräsidentin Hannelore Kraft - für beide gibt es nachvollziehbare Argumente. Ein Blick in die Landesverfassung hilft nicht weiter - vielleicht ein Blick in den Spiegel?

Gar nicht so leicht zu sagen, wer in Nordrhein-Westfalen die politische Pole-Position einnimmt. Vielleicht hilft ein Blick in den Spiegel. Man stelle sich also Ministerpräsidentin Hannelore Kraft vor, die fragt: "Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Nummer eins bei uns im Land?" Und siehe da: Es erscheint das Gesicht von Carina Gödecke. Sie gehört wie Hannelore Kraft der SPD an und ist Präsidentin des Landtags.

Doch warum soll ausgerechnet sie die Nummer eins in NRW sein? In der Landesverfassung ist davon nichts zu lesen. Dennoch steht für ihre Entourage fest, dass ihr dieser Rangplatz zusteht. Schließlich stehe sie an der Spitze des direkt von den Bürgern gewählten Parlaments, aus dessen Mitte sie gewählt worden ist, heißt es dazu. Und außerdem: Es war die Landtagspräsidentin, die der Ministerpräsidentin bei Amtsantritt den Eid auf die Verfassung abnahm. Das ist doch wohl Beweis genug, wer die Nummer eins im Lande ist. Wenn es dennoch eines äußeren Zeichens bedarf - bitte sehr. Kein Problem: Auf dem Nummernschild von Carina Gödeckes Dienstfahrzeug steht die stolze Kombination "NRW 1-1".

Jetzt lassen wir aber auch mal die Landtagspräsidentin in den Spiegel schauen - und siehe da: Es erscheint das Gesicht von Hannelore Kraft. Wie das sein kann? Die Regierungschefin ist doch viel bekannter als Carina Gödecke, mag man dazu sagen. Außerdem findet man sie bei Politiker-Rankings schon lange im Spitzenfeld. Somit ist doch wohl Kraft de facto die Nummer eins.

Doch das Gödecke-Lager wird das nicht durchgehen lassen und auf die Bundesebene verweisen: Der Bundespräsident steht an der Spitze des Staates, gefolgt vom Bundestagspräsidenten, dem Bundesratspräsidenten und an vierter Steller erst von der Kanzlerin. Also Legislative eindeutig vor Exekutive. Für Landtagsvizepräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) steht deshalb felsenfest, dass der Titel "Nummer eins" der Landtagspräsidentin gebührt, und er hat das im Parlament vor einiger Zeit auch so deutlich zu Protokoll gegeben.

Nun mal langsam, wird das andere Lager einwenden: Wer vertritt denn das Land nach außen? War nicht soeben erst Hannelore Kraft zu politischen Gesprächen in Israel - so, wie es ihre Vorgänger seit Johannes Rau gehalten haben? Und mehr noch: Die Ministerpräsidentin hat - hierin dem Bundespräsidenten vergleichbar - das Gnadenrecht inne. Sie kann Häftlinge auf freien Fuß setzen, wenn sie es für angemessen hält.

Verwirrt fragt man sich: Was gilt denn nun? Carina Gödecke hat eine salomonische Antwort parat: "Nummer eins in NRW ist das Volk, also die Bürgerinnen und Bürger."

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort