Hier In Nrw Was will Hannelore Kraft wirklich?

Auch wenn die Stimmung in der Beamtenschaft miserabel ist, kann sich die Ministerpräsidentin exzellenter Popularitätswerte erfreuen. Viele Genossen wünschen sie sich als Kanzlerkandidatin.

Ein Bad in der Menge wird das heute für Hannelore Kraft bestimmt nicht. Seit die rot-grüne Landesregierung angekündigt hat, dass die besser besoldeten Beamten weder in diesem noch im nächsten Jahr mehr Geld bekommen, muss sie sich wütender Proteste erwehren. Besonders schlimm war es vorige Woche in Hamm, wo der Ministerpräsidentin ohrenbetäubender Lärm aus Trillerpfeifen entgegenschlug.

Auch heute Mittag, auf der zentralen Mai-Kundgebung des nordrhein-westfälischen DGB in Duisburg, dürfte die SPD-Politikerin wieder schrille Töne zu hören bekommen. Die aufgebrachten Beamten haben die Hoffnung nicht aufgegeben, dass die Regierung doch noch einknickt und die Ergebnisse der Tarifverhandlungen für die angestellten Landesbediensteten auf sie überträgt. Doch das wird wohl nicht geschehen.

Die SPD hat sich den Schlamassel selbst eingebrockt, weil sie vor der Wahl versprochen hat, dass die Landesbeamten nicht von der Gehaltsentwicklung abgekoppelt würden. Wen wundert es da, wenn nun das böse Wort vom "Wahlbetrug" durch die Lande wabert?

Auch wenn die Stimmung in der Beamtenschaft miserabel ist, kann sich Hannelore Kraft weiterhin exzellenter Popularitätswerte erfreuen. Eine Umfrage ergab, dass eine Mehrheit der Genossen an Rhein und Ruhr es lieber sehen würde, wenn man sie zur Kanzlerkandidatin auserkoren hätte. Peer Steinbrück wird das wohl mit seinem sarkastischen Spruch "Hätte, hätte, Fahrradkette" kommentiert haben (übrigens ist der Video-Clip dazu recht amüsant).

Tatsächlich war Kraft aus den eigenen Reihen frühzeitig als Herausforderin von Angela Merkel ins Spiel gebracht worden, doch die Mülheimerin winkte entschieden ab; ihr Platz sei hier in NRW. Somit werden wir nicht erfahren, wie ein Bundestagswahlkampf Merkel gegen Kraft (und umgekehrt) ausgesehen hätte – knallhart oder mit jeder Menge weiblichem Charme.

Beobachter der landespolitischen Szene glauben indes, dass Kraft nicht wirklich an dem höchsten Regierungsamt interessiert ist. Vielleicht traut sie sich nicht zu, die auf internationalem Parkett trittsichere Kanzlerin ernsthaft ins Stolpern zu bringen. Doch heißt das, dass Hannelore Kraft wie ihr großes Vorbild Johannes Rau 20 Jahre lang regieren will, sofern die Wähler dies zulassen? Vielleicht, so wird in Düsseldorf gemutmaßt, strebt die 51-Jährige insgeheim ein ganz anderes Amt an. Eine Bundespräsidentin hatten wir schließlich noch nie.

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(RP)
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