Kolumne: Hier In Nrw Nur jedes vierte Bürgerbegehren ist erfolgreich

Die Bürger können in ihrer Stadt oder Gemeinde bei Sachthemen zwar mitentscheiden, doch das gilt längst nicht für alle Fragen. Kritiker halten im Übrigen die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid für zu hoch.

Im Internet ermuntert das NRW-Innenministerium die Bürger zum Mittun in ihrer Kommune. Tatsächlich haben sie das Recht, in ihrer Stadt oder Gemeinde mitzuentscheiden, wenn es zum Beispiel um einen zusätzlichen Kindergarten oder eine verkehrsberuhigte Zone geht. Für ein erfolgreiches Bürgerbegehren müssen in Großstädten die Unterschriften von drei Prozent der Bürger eingesammelt werden; in kleineren Kommunen bis zu zehn Prozent. Wenn sich der Stadtrat dem Ansinnen der Bürger versperrt, kommt es zu einem Bürgerentscheid. Dieser hat Erfolg, wenn die Mehrheit zustimmt, wobei die Mehrheit in kleinen Gemeinden mindestens 20 Prozent der Bürger ausmachen muss (ab 100 000 Einwohner: zehn Prozent).

Auch wenn das Verfahren nicht ganz unkompliziert ist, wird es doch zunehmend angewandt: NRW ist inzwischen nach Bayern und Baden-Württemberg das Land mit der dritthöchsten Zahl von Bürgerbegehren und -entscheiden. Das geht aus einer Untersuchung hervor, die von der Organisation "Mehr Demokratie" in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung (Universität Wuppertal) vorgelegt worden ist. Seit 1994 wurden demnach in NRW 678 Verfahren gezählt, in Bayern 2495. Allerdings hat Bayern auch viel mehr Kommunen (2127) als NRW (426 Städte und Kreise). Die Erfolgsquote lässt jedoch zu wünschen übrig: Nur jedes vierte Bürgerbegehren in NRW endete im Sinne der Initiatoren. Die Kritiker machen dafür die hohen Hürden bei der Stimmabgabe verantwortlich.

Zu den spektakulären Entscheidungen gehörte in diesem Jahr das Nein der Essener Bürger zum Umbau ihrer Messe. In Aachen verhinderten die Bürger 2013 den Bau einer 14 Kilometer langen Straßenbahnlinie, und in Gladbeck votierte eine Mehrheit gegen den Ausbau der Bundesstraße 224.

Zwar können die Stadträte auch von sich aus den Bürgern eine Frage zur Entscheidung vorlegen, doch in NRW sind solche Ratsbürgerentscheide eher selten: Nur elf Verfahren wurden in den vergangenen 20 Jahren gezählt. Das liegt nicht nur an der für die Einleitung eines Ratsbürgerentscheides nötigen Zweidrittel-Mehrheit im Rat, sondern auch daran, dass die gewählten Räte wohl nur ungern die Entscheidungshoheit aus den Händen geben. Das allerdings wäre ein eklatanter Widerspruch zu dem von den Politikern in Sonntagsreden gern zitierten "mündigen Bürgern".

Die dürfen sich im Übrigen längst nicht in alle Kommunalangelegenheiten einschalten. Immer dann, wenn es um Großprojekte, um die Haushaltssatzung oder um kommunale Abgaben geht, sind Bürgerbegehren unzulässig.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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