Kolumne: Hier In Nrw Kraft krempelt wieder die Ärmel hoch

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat Irritationen ausgelöst und eine Reihe von Fehlern begangen. Jetzt will sie sich den Bürgern wieder stärker als "Kümmerin" präsentieren.

Heute ist es wieder so weit. Nach längerer Pause - bedingt durch Haushaltssperre im vergangenen Jahr - nimmt sich die Ministerpräsidentin einen Tag Zeit, um sich in Institutionen und Einrichtungen zu informieren. Diesmal besucht Hannelore Kraft (SPD) die Diakonische Stiftung Wittekindshof im westfälischen Bad Oeynhausen, in der behinderte Menschen betreut werden.

Solche Info-Veranstaltungen, "Tatkraft"-Touren genannt, werden mehrmals im Jahr von der Düsseldorfer Staatskanzlei, dem Verwaltungsapparat der Regierungschefin, arrangiert. Pressebegleitung ist nicht erwünscht, aber hinterher gibt es dann doch Bilder von ihrem Einsatz. So weiß man, dass die Mülheimerin "vor Ort" die Ärmel hochzukrempeln und bei der Arbeit mit anzupacken pflegt. Auf Fotos sah man sie in einem Hotel Betten aufschütteln, eine Wand mit dem Farbroller verschönern, in einer Großküche Gemüse putzen und im Duisburger Zoo die Seelöwen füttern.

Die Opposition wirft ihr indes vor, mit diesen "Tatkraft"-Tagen" eine Image-Kampagne in eigener Sache zu betreiben, die mit Steuergeld finanziert wird. Tatsächlich sind die Touren nicht gerade preiswert. Nach dem - von der Öffentlichkeit weitgehend abgeschirmten - Infotag Krafts sind am Abend Bürger der betreffenden Region zu einem geselligen Beisammensein eingeladen, bei dem sie mit Bier und Brezel bewirtet werden. Das Ganze schlägt - einschließlich der Saalmiete - mit rund 20.000 Euro zu Buche. Das ist für CDU und FDP jedesmal Anlass zu beißender Kritik.

Die Staatskanzlei lässt sich davon aber nicht beeindrucken, sondern verweist darauf, dass Krafts Amtsvorgänger Jürgen Rüttgers (CDU) viel Geld für repräsentative Veranstaltungen - etwa im Nobelhotel auf dem Petersberg - ausgegeben habe. Doch lassen wir den Streit ums Geld. Fraglos sind die abendlichen Begegnungen nach jeder "Tatkraft"-Tour für Kraft eine gute Gelegenheit, mit vielen Bürger ins Gespräch zu kommen. Dass dies ihrem Image als Zuhörerin und "Kümmerin" nutzt, kann wohl nicht bestritten werden. Insofern sind die "Tatkraft"-Touren aus Sicht der Regierung eine ziemlich gute "Erfindung".

Kraft kann derzeit Zuspruch gebrauchen; in der Öffentlichkeit steht sie nicht mehr so gut da wie früher. Mit ihrer schroffen Absage an eine Kanzlerkandidatur ("nie, nie") hatte sie im eigenen Lager Irritationen ausgelöst. Ihre Halbzeit-Bilanz fiel mager aus, und sie hat Fehler gemacht. Die Funkloch-Affäre und die grottenschlechte Kommunikation in Sachen WestLB-Kunst gehören ebenso dazu wie ihre verkorkste Digital-Offensive, die sie uns als "Revolution" verkaufen wollte.

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(RP)
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