Hier In Nrw Hannelore Kraft stärkt Sigmar Gabriel den Rücken

Es sieht ganz danach aus, als würde in der SPD eine solide Mehrheit für den Koalitionsvertrag zustandekommen. Damit wäre Gabriels Position gefestigt – und er selbst wohl der nächste Kanzlerkandidat.

Vergangene Woche hat Regierungschefin Hannelore Kraft mit ihrer Absage ("Ich werde nie als Kanzlerkandidatin antreten") Schlagzeilen produziert. Sie selbst kann das nach eigenem Bekunden gar nicht verstehen, denn das habe sie doch schon so oft gesagt. Stimmt. Aber dennoch hat sie sich gewiss etwas dabei gedacht, dies jetzt noch einmal laut und deutlich zu bekräftigen.

Ihre Botschaft ist eindeutig: Sollte der Mitgliederentscheid zum Koalitionsvertrag scheitern, so dass Parteichef Sigmar Gabriel irreparabel beschädigt wäre, würde sie nicht für ihn in die Bresche springen und den SPD-Vorsitz übernehmen. Genau dies aber wünscht sich wohl so mancher Sozialdemokrat. Krafts Klarstellung stärkt also Gabriel den Rücken. In ihr steckt die unmissverständliche Mahnung an die Parteibasis, bloß nicht mit dem Feuer zu spielen, sondern dem ausgehandelten Vertrag zuzustimmen.

In Nordrhein-Westfalen hat die 52-Jährige auf zwei Regionalkonferenzen in Kamen und Leverkusen für die Koalitionsvereinbarung getrommelt, sich die Kritik der Genossen angehört und manchmal auch ruppig gekontert. Dass die Aussprache hinter verschlossenen Türen stattfand, die Presse also draußen bleiben musste, mutet seltsam an. Man kennt das zwar schon vom Berliner SPD-Konvent, aber mit Transparenz hat das wenig zu tun. Angeblich wollte die Basis es so. Dennoch sprachen hinterher viele Parteimitglieder vor Pressevertretern offen über ihre Haltung – zum Glück für uns Journalisten.

Was würde passieren, wenn die Nein-Sager bei der Abstimmung die Mehrheit hätten? "Dann fliegt die Partei auseinander", meinte ein Sozialdemokrat in Kamen. Das mag vielleicht übertrieben sein, aber ein negatives Votum würde die SPD bundesweit in eine schwere Krise stürzen. Gabriel darf aber wohl beruhigt sein: Es sieht ganz danach aus, als würde eine solide Mehrheit für den Koalitionsvertrag zustandekommen. Damit wäre die Position des 54-Jährigen gefestigt – und er selbst wohl der nächste Kanzlerkandidat.

Übrigens wollte auch die CDU in NRW ihre "Basis" informieren. Doch zu der Veranstaltung in der Düsseldorfer Messe kamen nur etwa 100 Leute – und zwar vorwiegend Funktionsträger, also Abgeordnete aus Land, Bund und Europa. Die aber hatten kaum bohrende Nachfragen. Lebhaft wurde es nur, als der Bundesvorsitzende der Senioren-Union, Otto Wulff (80), massiv kritisierte, dass seine Organisation nicht in die Verhandlungen über den 185 Seiten starken Vertrag einbezogen worden sei: "Wir hätten gefragt werden müssen", rüffelte Wulff. Ihm widersprach niemand.

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(RP)
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