Hier In Nrw Den Piraten droht der Untergang

Die Piraten sind unberechenbar – selbst für die eigenen Leute. So enthielt sich ein Teil der Fraktion, als über einen eigenen Antrag abgestimmt wurde. Das war ein Stück aus dem Tollhaus.

Als die Piraten vor zwei Jahren erstmals ein bundesdeutsches Parlament (das Berliner Abgeordnetenhaus) enterten, waren sich die meisten Kommentatoren einig: Mit diesem bunten Parteivölkchen muss man weiterhin rechnen. Im vorigen Jahr schafften die NRW-Piraten denn auch mit beachtlichen 7,8 Prozent locker den Einzug in den Düsseldorfer Landtag.

Doch das Blatt hat sich gewendet. Bei der Bundestagswahl erzielten sie jetzt nur noch 2,2 Prozent. "Die Piraten saufen ab", lauteten süffisante Schlagzeilen. Zum Wahldesaster kommen in NRW interne Querelen hinzu. Noch am Tag der Bundestagswahl gab der Abgeordnete Robert Stein (34) seinen Austritt aus der 20-köpfigen Piratenfraktion bekannt. Begründung: Die politische Entwicklung der Fraktion gehe in eine Richtung, "die ich mit meinem Gewissen nicht mehr vereinbaren kann". Für ihn sind die Piraten zu einer "Linkspartei mit Internetanschluss" geworden. Sein Mandat will der Finanzexperte aber behalten. Die Partei fühlt sich hintergangen und schäumt vor Wut: Da Stein über die Landesliste ins Parlament eingezogen sei, müsse er sein Mandat an die Partei zurückgeben.

Auch bei dem 41 Jahre alten Piraten-Abgeordneten Nico Kern (Viersen) haben sich Frust und Unmut aufgestaut: "Nach nunmehr 16 Monaten Fraktionsarbeit haben wir zwar einen Betriebsrat, aber immer noch kein Organigramm, geschweige denn definierte Arbeitsabläufe oder Arbeitsplatzbeschreibungen." Jede Waldorfschule sei im Vergleich zu "uns eine straff geführte Kader-organisation".

Tatsächlich sind die Piraten unberechenbar – selbst für die eigenen Leute. So enthielt sich unlängst ein Teil der Fraktion, als über einen eigenen Antrag abgestimmt wurde. Das war ein Stück aus dem Tollhaus. Politisch-inhaltlich kann man von den Piraten kaum noch etwas erwarten. Ihre Redebeiträge verbreiten zumeist Langeweile pur im Landtag. Keine Spur von einer zündenden Idee. Sollte es doch eine geben, kriegt das offenbar keiner mit.

Frischen Wind erhoffen sich die Piraten von ihrem Parteitag am übernächsten Wochenende. Doch wie formuliert es Rechtsanwalt Kern? Statt Lokomotive zu sein, befänden sich die NRW-Piraten im Schlafwagenabteil. "Wenn das so weitergeht, werden wir irgendwann auf dem Abstellgleis unsere Fahrt beenden." Es sieht derzeit wirklich so aus, als wären die Piraten doch nur ein zeitlich begrenztes Phänomen in der Parteienlandschaft.

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(RP)
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