Kolumne: Gott Und Die Welt Wundern Sie sich ruhig!

Düsseldorf · Pfingsten ist ein Fest mit lauter wundersamen Geschehnissen. Wer's glaubt, wird selig - möglicherweise. Wundern ist jedenfalls kein Ausweis von Naivität, sondern eine gute Gabe.

 Unser Autor Lothar Schröder.

Unser Autor Lothar Schröder.

Foto: Schröder

Was für ein bescheuerter Titel (denkt man mit dem Blick auf die aktuelle Bestsellerliste). Dort steht auch nach etlichen Wochen immer noch weit oben das Werk: "Wunder wirken Wunder" - ein Sachbuch über Medizin, Heilung und Magie. Von allem etwas also. Vielleicht ist das Buch genau deshalb so beliebt: von allem etwas, als würden diese drei Pfosten der Hilfe, der Rettung und des Glaubens unsere Existenz abstecken. Wobei es im 21. Jahrhundert nicht mehr ganz so aufregend zu sein scheint, an Wunder zu glauben. Als sei uns nicht nur die Bereitschaft, sondern auch die Fähigkeiten dazu abhanden gekommen. An Wunder zu glauben aber ist kein Zeichen von Naivität. Es ist auch keine Flucht in irgendeine Traum- oder Wunschwelt hinein. Der Wunderglaube dokumentiert vielmehr eine Offenheit zum Leben und zu seinen Gründen. Wunderglaube kann auch eine Gabe sein. Die Frage nach Wundern stellt sich an diesem Wochenende besonders. Denn Pfingsten ist ein Fest, das an Geschehnisse erinnert, die unglaublich sind: an Feuerzungen, die vom Himmel kommen, die die Menschen beseelen und befähigen, in fremden Sprachen zu reden. Wer's glaubt, wird selig - möglicherweise. Aber es fällt schwer, sich das vorzustellen. Und so ist Pfingsten unter den drei christlichen Hochfesten jene Feier, an die die Menschen am wenigsten zu glauben scheinen und an der sie am wenigsten Anteil nehmen. Drei freie Tage eben.

Wunder wirken Wunder - da scheint sich die Katze in den eigenen Schwanz zu beißen. Das Gegenteil stimmt: Wer sich Wundern öffnet, wird Wundern begegnen. Tatsächlich kommt es auf unsere Haltung an, auf unsere Bereitschaft, Wunder überhaupt zuzulassen. Erst wer Wunder für möglich hält, macht Wunder auch möglich. Das ist keine leere Beschwörung. Weil dahinter die Einsicht hervorlugt, dass nicht alles in der Welt erklärbar ist und dass es auch Gründe für unser Leben und unser Schicksal gibt, die sich unserem Verständnis entziehen. Natürlich sind wir nicht immer Herr aller Lagen. Das zuzulassen, kann bescheiden machen. Dann ängstigt es nicht, dass Kräfte außerhalb unserer Einflussnahme existieren. Das kann manchmal hilfreich, oft bereichernd, mitunter tröstlich sein. Wundern sie sich also ruhig. Pfingsten ist eine gute Gelegenheit dazu, den wundersamen Brückenschlag zu wagen vom Profanen zum Mysterium. Unsere Welt wird danach eine andere sein. Wie gesagt: Wunder wirken manchmal Wunder.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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