Kolumne: Gott Und Die Welt Wir dürfen die Hoffnung nicht verlieren

Das Mord- und Folterwerkzeug des Kreuzes verwandelt sich später in einen Baum des Lebens. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Am Ende wird das Leben siegen.

Die Welt scheint in diesen Tagen in Kriegen und Katastrophen zu versinken: Giftgasattacken in Syrien, Gewaltexzesse im Nordirak, Hunger und Elend im Südsudan, Terroranschläge in St. Petersburg, in Stockholm - und ein Sprengstoffanschlag auf den Bus des BVB. Oft hören und lesen wir dann Sätze wie "Die Lage ist hoffnungslos". Wie können wir da beruhigt Ostern feiern? Hat Jesus nicht auch die Hoffnung verloren, als er am Karfreitag vom Kreuz rief: "Mein Gott, mein Gott - warum hast du mich verlassen?"

Wenn uns Ostern eines lehrt, dann das: Wir fühlen uns oft hilflos und können dem Leid nicht entgehen. Es gibt aber viele Gründe, die Hoffnung nicht zu verlieren. Im Mittelalter wurde das Kreuz, an dem Jesus starb, auch als Lebensbaum dargestellt: Der gekreuzigte Jesus, tödlich verwundet, aber das Kreuz selbst erzählt mehr vom Leben als vom Tod. Denn aus ihm sprossen Zweige, grüne Blätter und reife Trauben hervor.

Genau das ist die Botschaft von Ostern: Das Mord- und Folterwerkzeug des Kreuzes verwandelt sich in einen Baum des Lebens. Der Tod hat nicht das letzte Wort. Am Ende wird das Leben siegen, die Auferstehung. Die Hoffnung auf Frieden, Gerechtigkeit und ein Ende der Gewalt etwa in Syrien bleibt also nicht nur ein frommer Wunsch, sie ist ganz real. Aber wie kommen wir dahin, die Hoffnung nicht zu verlieren? Antworten finden wir in der biblischen Ostergeschichte. Sie erzählt, dass die Jünger den auferstandenen Jesus zunächst nicht erkannt haben. Sie waren verwirrt und glaubten, einen Geist zu sehen. Es brauchte noch einige Zeit, bis sie verstanden: Der zu Tode gefolterte Jesus lebt!

Ich gebe zu: Ostern ist angesichts der Gewalt in der Welt eine Herausforderung an uns. Aber ohne die Erfahrung von Ostern würden wir die Hoffnung vielleicht sogar verlieren. Ostern schenkt uns Trost. Der Barbarei und Gewalt des Karfreitags können wir entkommen, wenn wir für den Frieden arbeiten und an einer gerechten Welt bauen, wenn wir der Liebe, mit der Gott sogar die Macht des Todes gebrochen hat, eine Chance geben, indem wir lernen, zu lieben wie er.

Ich wünsche Ihnen allen frohe Ostern und dass Sie Ihre Hoffnung nie verlieren!

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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