Total Digital Werbung ist die Steuer für Arme

Der Satz des Digitalexperten Scott Galloway ist drastisch. Aber ist er auch falsch?

 Auch bei bisher werbefreien Anbietern wie Netflix wird über Werbung nachgedacht.

Auch bei bisher werbefreien Anbietern wie Netflix wird über Werbung nachgedacht.

Foto: dpa/Alexander Heinl

Die Diagnose, das Publikum von ProSieben und Sat.1 sei ein bisschen fettleibig und arm, hat Thomas Ebeling einst den Job gekostet. Selbst wenn seine Analyse zutreffend wäre – als Chef des Medienkonzerns hätte er sie besser für sich behalten. Denn einerseits beleidigte er damit die eigene Kundschaft. Andererseits mussten sich Werbekunden fragen, ob das die Zielgruppe ist, die sie erreichen wollen.

Die Gleichung zwischen Werbung und Wohlstand wird jedoch auch von anderen diskutiert. Der US-Digitalexperte Scott Galloway hat einmal den provokativen Satz gesagt, dass Werbung die Steuer für Arme sei. Viel netter als Ebelings Worte ist das nicht.

Doch im digitalen Turbo-Kapitalismus könnte es so kommen. Daten sind eine Währung – und Datenschutz ist ein Verkaufsargument. Apple positioniert sich als Unternehmen, das die Privatsphäre schützt, wofür man im Gegenzug Premiumpreise für iPhone und Co. zahlen muss. Google bietet mit Android hingegen ein Betriebssystem, das überwiegend auf günstigeren Geräten läuft. Der Preis für den Geräte-Rabatt sind die Daten, mit denen der Nutzer zahlt.

Und vor ein paar Jahren gab es in Düsseldorf die Möglichkeit, per App ein kostenloses Ticket für den Nahverkehr zu bekommen – gegen Werbung.

Auch bei bislang werbefreien Streaming-Anbietern wie Netflix wird darüber spekuliert, dass es irgendwann verschiedene Preis-Modelle geben könnte, um weiter wachsen zu können: Wer weniger zahlen will, muss Werbung gucken.

In Bezug auf die Werbung mag das verkraftbar sein. Wenn aber am Ende die Datensammelwut der Konzerne generell nur noch durch den eigenen Geldbeutel gebremst werden kann – dann ist das auch eine soziale Frage. Das Recht auf Privatsphäre darf nicht vom Geldbeutel abhängen.

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