Kolumne: Gott und die Welt Wer bekennt, wird angreifbar

Düsseldorf · "Zeig dich!", lautet diesmal das spannende Fasten-Motto der evangelischen Kirche.

Kolumne: Gott und die Welt: Wer bekennt, wird angreifbar
Foto: Schröder

Allzu lange dauert es ja nicht mehr bis zum Aschermittwoch, zu jenem Tag also, ab dem es ans 40-tägige Fasten geht und aus Verzicht manchmal Reichtum wird. Die evangelische Kirche macht daraus jedes Jahr eine Aktion mit einem eigenen, manchmal irritierenden Motto. Diesmal heißt es "Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen".

Ein bisschen gefremdelt habe ich damit zunächst schon. Denn wird die Fastenzeit nicht ins Gegenteil verkehrt? Werden aus den sieben Wochen der Stille und der Einkehr nicht sieben Wochen der Selbstbestätigung? Doch "Zeig dich!" hat noch eine leisere Lesart. Und die Wochenthemen der Aktion deuten es an: Zeig dein Mitgefühl, zeig deine Liebe, zeig deine Hoffnung, zeig deine Fehlbarkeit, zeig, wofür du stehst! Das sind alles Bekenntnisse, die für jeden von uns lebenswichtig sind und die wir doch viel zu selten sagen.

Denn wer sich zeigt, macht sich angreifbar. Und wer sich angreifbar macht - ist der etwa ein Schwächling? Wohl kaum. Denn es gehört Mut dazu, sich zu bekennen. Es bedarf manchmal auch der Courage, offen zu sagen, für was man steht. Und wer Liebe und Mitgefühl zeigt, lebt stets mit der Gefahr, enttäuscht zu werden und eben nicht auf Gegenliebe zu stoßen. Darum kann sich immer nur der zeigen, der von dem, was er tut, auch überzeugt ist.

Nicht aus einer Laune heraus oder einem Augenblick, sondern nach reifer, vielleicht gewachsener Überlegung. Also Haltung statt Geste und Glaube statt modischer Gesinnung. "Zeig dich!" meint jeden, also auch mich, den Journalisten. Mit meinem Namen stehe ich für das ein, was ich schreibe und was ich meine. "Zeig dich!" heißt dann aber nicht, immer recht zu haben. Aber "Zeig dich!" ist der Auftrag, alles in großer Verantwortung zu tun und ein Leben und ein Arbeiten ohne Kneifen zu führen.

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(los)
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