Kolumne: Gott Und Die Welt Rettet das Abendland - helft den Flüchtlingen!

Wenn im Mittelmeer Tausende ertrinken, geht Europa unter, nicht wenn wir Migranten aufnehmen. Wer schwarz-rot-goldene Kreuze durch die Straßen trägt, hat für Nothilfe aber keine Hand mehr frei.

Ein Bürgermeister wird aus dem Amt gemobbt. Unbekannte drohen einem Landrat mit dem Tod. Andere stecken ein Haus in Brand, in dem Flüchtlinge untergebracht werden sollen. Wo leben wir denn? Rechtsextreme und Rechtsradikale kochen ein übles Süppchen. Die "Rettung des christlichen Abendlandes" haben sie sich auf die Fahnen geschrieben. Ein Begriff übrigens, den Machthaber hierzulande schon missbraucht haben, um ihre finster-braune "Leitkultur" zu untermauern.

"Rettung des christlichen Abendlandes" - ein böser Etikettenschwindel! Wer nach den Quellen sucht, aus denen sich das vielbeschworene Adjektiv des Abendlandes speist: Das christliche Abendland speist sich aus seinen jüdischen Wurzeln; aus den Wurzeln, aus denen Jesus von Nazareth, der Christus, gelebt hat. Er war Jude, kannte das Gesetz Gottes: "Die Fremdlinge sollst du nicht bedrängen und bedrücken", heißt im Alten Testament, der jüdischen Thora, die Weisung Gottes an die Seinen gleich mehrfach.

Jesus Christus, nach dem wir Christen uns nennen, hat die Weisung Gottes noch verstärkt: "Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan", sagt er im Matthäusevangelium. Er selbst steckt in denen, die Hilfe in ihrer Not brauchen: "Ich bin ein Fremder gewesen, und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen, und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank und im Gefängnis gewesen, und ihr habt mich besucht." Das ist es, was das Adjektiv "christlich" vor dem Substantiv "Abendland" ausmacht.

Kurz gesagt: Das christliche Abendland geht unter, wenn im Mittelmeer Tausende von Zuflucht suchenden Menschen ertrinken, und nicht, wenn in einer Kleinstadt Flüchtlinge, Fremdlinge aufgenommen werden.

Und mit jedem Bootsflüchtling, der aus Seenot gerettet wird, retten wir auch ein Stück von den Werten, die uns ausmachen. Wer das christliche Abendland retten will, ist also aufgefordert, sich den Mit-Menschen fürsorglich, helfend und notwendend zuzuwenden. So will es das biblische Original. Die Montagsparolen sind die plumpe Fälschung, hinter denen die Süppchenkocher ihren Nationalismus, ihren Rassismus und ihre Fremdenfeindlichkeit verstecken. Wer montags schwarz-rot-gold angestrichene Kreuze durch die Städte trägt, hat dafür aber keine Hand frei - und das Herz auch nicht.

Die aus dem Amt gemobbten oder bedrohten Politiker verstehen mehr vom christlichen Abendland als dessen selbst ernannte Retter. Menschen wie der Bürgermeister und der Landrat machen das Land aus, in dem ich leben will.

Der rheinische Präses Manfred Rekowski schreibt hier an jedem vierten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort