Kolumne: Gott Und Die Welt Nationalismus ist kein Ausdruck von Heimatliebe

Köln · Zu meinen, Heimat sei ein Ort, den man unter Verschluss nehmen und abschotten könne gegen die Probleme dieser Welt und die Not der Menschen, ist falsch.

 Unser Autor Kardinal Rainer Maria Woelki.

Unser Autor Kardinal Rainer Maria Woelki.

Foto: Woelki

Die Höhner singen "Heimat is e Jeföhl" und meinen mehr als den Karneval. Wo Beziehung ist, wo Menschen zusammenrücken und sich aufgehoben und geborgen wissen, wo sie Gemeinschaft erfahren, da können sie Wurzeln schlagen, da ist ihre Heimat.

"Heimat", das ist kein unbelasteter Begriff. Wer sie verloren hat, trauert oft ein Leben lang, wer sie sucht, wirkt ruhe- und haltlos. Wer in ihr unerwünscht ist, weiß nicht wohin, und wer meint, definieren zu dürfen, wer sie in Anspruch nehmen darf und wer nicht, der steht in der Nähe einer Blut-und-Boden-Ideologie, vor der sich und andere zu schützen, eine gesellschaftliche Aufgabe ist - in Anbetracht neuer nationalistischer Strömungen umso mehr.

"Zusammen sind wir Heimat" lautet der Titel der aktuellen Jahreskampagne des Deutschen Caritasverbandes. Wichtig ist, den Begriff "Heimat" gerade nicht den Populisten zu überlassen. Denn zu meinen, Heimat sei ein Ort, den man unter Verschluss nehmen und abschotten könne gegen die Probleme dieser Welt und die Not der Menschen, ist falsch.

Als Teil einer weltumspannenden Christenheit wissen wir: Gott begrenzt seine Güte nicht auf eine Nationalität oder gar auf eine Ethnie. Globale Gleichgültigkeit und nationale Egoismen sind keine Kategorien Gottes. Wenn Politiker laut rufen: "America first! La France d'abord! Deutschland zuerst!", dann ist das einfältig. Denn mit dem Rückfall in Nationalismen wachsen Missgunst und Vorbehalte gegen Andersdenkende und Andersgläubige, letztlich ist es die Saat für Gewalt und Kriege. Die Zeiten, in denen Nationen in den Krieg zogen und dabei meinten "Gott mit uns", sind vorbei und müssen vorbei bleiben.

Stattdessen hat Gott jeder und jedem die Verheißung auf ein menschenwürdiges Leben ins Herz gelegt. Die Verantwortung dafür tragen alle Menschen seit Beginn der Schöpfung. Lernen bei uns nicht schon die Kleinsten im Kindergarten, dass es nur gemeinsam in der Gruppe läuft? Auch unsere Fußballvereine spielen nur gut, wenn sie als Team spielen und in den Organisationen und Firmen sind heutzutage die Mitarbeitenden besonders gefragt, die kooperieren statt dominieren. Denn immer wenn sich einer alleine in den Mittelpunkt stellen will, dann gibt es nach kurzer Zeit Streit. Das gilt im Kleinen wie im Großen. Daher ist für mich Nationalismus kein Ausdruck von Heimatliebe.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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