Kolumne Gott und die Welt Rückkehrer unter Verdacht

Düsseldorf · Die Freude über Urlaubsheimkehrer ist seit der Corona-Krise getrübt, zu groß ist die Sorge, dass durch die Reisenden die Verbreitung des Virus wieder zunimmt. Dabei ist die Rückkehr nach Hause stets ein besonderer Moment gewesen.

 Reiserückkehrer, vorwiegend aus Spanien, stehen vor dem Corona-Testzentrum am Flughafen Stuttgart.

Reiserückkehrer, vorwiegend aus Spanien, stehen vor dem Corona-Testzentrum am Flughafen Stuttgart.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Bahnsteige und die Ankunftshallen der Flughäfen sind immer schon besondere, manchmal auch dramatische Orte gewesen. Die Weltliteratur ist voll von tränenreichen Abschieden, bewegten Begrüßungsszenen, der Spannung der Wartenden. Wir alle kennen das, wenn wir den Bahnsteig unsicher nach geliebten Menschen absuchten oder selbst durch die Türe der Ankunftshalle gingen und in der Menge der Menschen nach unserem „Empfangskomitee“ Ausschau hielten.

Und so schön und erfüllend eine Reise gewesen sein mag, immer hat man sich auf Zuhause gefreut, auch wenn der Himmel grauer, die Luft schlechter und die Straßen lauter sind. Man freut sich heimlich, still und leise auf das Vertraute, und mag es noch so mickrig sein – wie auf den Kiosk mit seiner eingerissenen Markise oder den kleinen Park ums Eck mit dem noch kleinerem Spielplatz und seinen obligatorischen Eltern- und Rentnerbänken ringsum. Jeder größere Aufbruch zu einer Reise ist ein kleines Abenteuer, jede Rückkehr aber eine Art Belohnung.

Auch dieser Zauber ist uns im Corona-Jahr 2020 genommen worden. Wir warten nicht mehr gespannt am Gate, rennen nicht mehr den Bahnsteig entlang. Vielmehr stehen wir Masken-bewehrt am Rande, und die, die es zu begrüßen gilt, stehen erst einmal unter Verdacht: Kehren nicht vielleicht auch Virenträger zurück? Sind also die, auf die wir uns freuen, plötzlich Gefährder geworden? Und ist dann eine Umarmung noch verantwortbar?

Es gibt genug Fragen in Zeiten der Corona-Krise, die dringlicher sind und wichtiger. Dennoch ist jede Rückkehr immer auch ein Bekenntnis zur Heimat und ihren Menschen. Jede Rückkehr ist eine Bereicherung und somit ein Stück Zukunft und Ausblick. Bei aller gebotenen Vorsicht sollten wir auch das nicht verdrängen, wir, die unruhig Wartenden an Bahnsteigen und in den Ankunftshallen der Flughäfen.

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