Kolumne: Gott und die Welt Das Recht auf Menschsein

Köln · Christen werden wieder mehr verfolgt. Die Zahlen müssen uns alarmieren.

 Die Zahl verfoglter Christen in der Welt steigt an.

Die Zahl verfoglter Christen in der Welt steigt an.

Foto: dpa/Nicolas Armer

Eine Nachricht hat mich zuletzt aufhorchen lassen: 2019 sind weltweit mehr als 9500 Kirchen attackiert, geschlossen oder zerstört worden. Gut 7600 mehr als ein Jahr zuvor, meldete die christliche Hilfsorganisation Open Doors. Wie ist es zu einem solch dramatischen Anstieg gekommen? Wo Kirchen niedergerissen werden, da sind auch Menschen in Gefahr, da sind sie Anfeindungen ausgesetzt, müssen sich verstecken, fliehen oder werden körperlich attackiert. Open Doors schätzt, dass etwa 260 Millionen Christen starker bis extremer Verfolgung ausgesetzt sind.
Das erinnert mich an längst überwunden geglaubte Zeiten. Die ersten Christen wurden verfolgt und starben für ihren Glauben als Märtyrer. Auch die Nationalsozialisten quälten Christen wie Dietrich Bonhoeffer oder Karl Leisner zu Tode. Aber heute? Es erschüttert mich immer wieder, wenn ich höre, dass irgendwo auf der Welt Fundamentalisten oder Staaten Christen verfolgen und ermorden. Die jetzt veröffentlichten Zahlen dürfen uns nicht ruhig schlafen lassen.
Nehmen wir zum Beispiel China: Durch eine zunehmende digitale Überwachung, durch Einschüchterung und willkürliche Verhaftungen versucht das Regime, christliches Leben im Keim zu ersticken. Oder Burkina Faso in Afrika: Bei blutigen Überfällen auf Gottesdienste wurden im vergangenen Jahr 50 Christen ermordet.
Jeder Mensch muss das Recht haben, seinen Glauben privat und öffentlich frei leben zu können. Das gilt für Gläubige aller Religionen. Religiöse Überzeugungen berühren die innersten Gewissheiten und Gefühle eines Menschen. Wer das Recht auf Gewissens- und Religionsfreiheit einschränkt, der schränkt das Menschsein ein.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki schreibt hier an jedem dritten Samstag im Monat. Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

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