Kolumne: Gott und die Welt Kaum zu glauben, aber wir alle sprechen Biblisch

Die deutsche Sprache ist ordentlich durchsetzt mit Redewendungen aus der Bibel. Eine Hiobsbotschaft, könnten jetzt Atheisten sagen - und hätten damit gleich das erste Beispiel gebracht.

Dass wir sowieso bald alle nur noch Englisch sprechen oder uns mit englischen Wortbrocken durchs Leben hangeln, wird seit Jahren von professionellen Kulturpessimisten derart lustvoll beklagt, dass wir gar nicht mehr anders können, als uns nach dem Brainstorming übers Shoppen auf das nächste Event für Insider zu freuen. Der Untergang des Abendlandes ist also gar nicht mehr so fern, zumal das Englische bei uns höchstwahrscheinlich vom Chinesischen abgelöst wird, was aber schon wegen der malerischen Schriftzeichen ein wenig länger dauern dürfte.

Und bis dahin sprechen wir dann was? Natürlich Biblisch - und das nach wie vor mit Vehemenz in unseren Redewendungen, die, so ließ es ein Sprachforscher einst poetisch hübsch verlauten, wie kleine Inseln im breiten Fluss der Sprache existieren. Darin wollen wir uns heute ein wenig treiben und diese Kolumne zu einem unerhört großen Teil aus jenen Sentenzen entstehen lassen, die in der Heiligen Schrift gang und gäbe sind.

Das ist selbstverständlich eine Hiobsbotschaft für alle Atheisten und Agnostiker, denen angesichts unserer christlich durchwebten Sprache möglicherweise die Haare zu Berge stehen oder die gar zur Salzsäule erstarren und sich das deutsche Sprachgebiet lieber als eine gottverlassene Gegend wünschen. Doch mit diesen Hoffnungen allein werden auch die schärfsten Kritiker auf keinen grünen Zweig kommen, weshalb es sich empfiehlt, sein Mütchen lieber andernorts zu kühlen, bevor auch bei uns die babylonische Sprachverwirrung einsetzt.

Gehabt euch also wohl, ihr glaubensfernen Spracherzieher, die Auge um Auge und Zahn um Zahn zu streiten bereit sind, die Satz für Satz auf Herz und Nieren prüfen und damit schwanger gehen, Stein des Anstoßes zu sein. Bis man gar nicht mehr weiß, wo rechts oder links ist oder wir sprachlich nur noch im Dunkeln tappen.

Doch sollte man aus seinem Herzen keine Mördergrube machen und die Zeichen der Zeit erkennen. Vielleicht fällt ja das eine oder andere inkriminierte Wort auch bei den Kirchenfernen auf fruchtbaren Boden. Brief und Siegel kann man darauf natürlich nicht geben. Andererseits: Man muss ja auch nicht zu allem gleich Ja und Amen sagen.

Da diese Kolumne jetzt in den letzten Zügen liegt, in der wir genau 21 biblische Redewendungen verstrickt haben und wir uns gerade keine weitere aus den Rippen schneiden können (und das war Nummer 22), bedanken wir uns an dieser Stelle noch schnell bei Mose, Samuel, Matthäus, Jeremia und Hiob.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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