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Gott Und Die Welt In der schönen deutschen Welt der Mülltrennung

Unsere Vorgärten sehen mittlerweile aus wie kleine Bauhöfe. Na und? Wir sind halt Weltmeister in der Trennung unseres Mülls. Doch lässt sich das System noch erheblich ausweiten.

Auf dem Weg zum Bäcker wurde mir jüngst wieder bewusst, wie toll wir doch sind. Nein, nicht nur wir Männer, die an jedem Samstag unerschrocken das nötige Brot für den Frühstückstisch einholen. Ich dachte vielmehr an all die wackeren Frauen, Männer und die Kinder, an die Alten und Jungen, die Verzagten und die Mutigen, die Frohgemuten wie den Beladenen dieses Landes, die es trotz aller Unwägbarkeiten des Lebens doch immer wieder schaffen: jawohl, den Müll zu trennen.

Dem einen oder anderen Leser mag diese Aussage nun nach dem pompösen Anlauf ein wenig gering erscheinen, doch bleibt zu bedenken, dass wir, also die Deutschen (ist jetzt nicht nationalistisch gemeint), die Weltmeister der Mülltrennung sind. Dass wir vermutlich auch in der Disziplin der Müllerzeugung wenigstens ins Halbfinale kämen, soll an dieser Stelle ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben. Es gibt doch immer eine doofe Kehrseite.

Die viel fröhlichere Seite sind die vielen korrekt entsorgten Joghurtbecher, die zuvor natürlich penibel gewaschen wurden; jede Blechdose darf sich unserer Aufmerksamkeit sicher und jedes Fitzelchen Papier der Wiederverwertung gewiss sein. Die Welt ist gut, und so sieht sie dann auch aus. So führt der Weg zum Bäcker an unseren grünen, grauen, blauen und weißen Tonnen vorbei, auf der Straße dann stehen die Boxen für die gebrauchten Schuhe, ehe die großen Behälter für die Kleiderspende folgen und schließlich die lange Reihe der Container für das Weiß- und Grünglas, die einmal pro Woche stets zwischen 6.22 und 6.25 Uhr entleert werden. Aber es ist ja kein Scheppern, das uns aus dem Schlaf reißt, sondern nur der Wohlklang eines zukunftsgläubigen Gemeinwesens. Unsere Welt ist also eine wiederverwertbare geworden und der Vorgarten zu einem kleinen, persönlichen Bauhof mutiert.

Auf dem Rückweg vom Bäcker kam mir mit Blick auf die Tüte allerdings der Gedanke, dass noch viel zu tun ist. Denn was geschieht eigentlich mit den wertvollen Sesam- und Mohnkörnchen, die in einem unbedachten Moment vom Brötchen abspringen, aufs Tischtuch stürzen und später in einem noch unbedachteren Moment eingesammelt und schlichtweg im Müll entsorgt werden. Sind das etwa keine Lebensmittel mehr? Haben sie ihren Wert plötzlich verloren, nur weil sie keine Einheit mehr mit der Backware bildeten? Wohlan, edle Eiferer der Mülltrennung — rettet auch diese Körner! Das Einzige, was uns dazu noch fehlt, sind die entsprechenden Container auf der Straße: für Sesam, Mohn und Kürbiskern.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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