Gott Und Die Welt Die schmucke Radarsäule blitzt mich, also bin ich

Verkehrsregeln sind alternativlos. Es sei denn, sie sind wirklich ungerecht. Wie selbstverständlich im vorliegenden Fall. Doch die Akzeptanz solcher Ahndungen könnte steigen: mit den Design-Mess-Säulen.

Auf dem Weg zum Frühstücksbrötchenlieblingsbäcker lauern — machen wir uns da nichts vor — Gefahren sonder Zahl. Damit meine ich nicht nur den Jack- Russell-Terrier im Lottobüdchen, der immer noch glaubt, vom Kampfhund abzustammen, und auch nicht den Filialbäcker gleich um die Ecke, dessen Brötchen zwar wie aufgepumpte Recycling-Pappe schmecken, der aber viel schneller zu erreichen und bei miesem Wetter daher ein Segen ist. Wie neulich. Doch obsiegte diesmal die Lust aufs gute Backwerk über die persönliche Klimabilanz, und so wurde für ein paar lächerliche Straßenzüge ausnahmsweise das Auto bemüht. So kam es, wie es kommen musste. Kleiner Laserstrahl, große Kelle, junge Polizistin mit ihren triumphierenden Worten: Sie sind zu schnell gefahren.

An dieser Stelle müssen wir die Geschichte kurz anhalten, um erklären zu können, dass selbst der eben noch Geblitzte keine Verkehrsregeln in Frage stellt sowie die Ahndung eines Fehlverhaltens. Alles ist sehr gerecht, aber diesmal war es wirklich ungerecht. Denn der Tacho zeigte etwa 20 Stundenkilometer an, eine Geschwindigkeit, bei der man als Fahrzeugführer die E-Mails der letzten zehn Minuten mühelos öffnen und auch sachgerecht beantworten könnte (die Ordnungshüter mögen bitte den Konjunktiv beachten). Ich meine nur, 20 ist wirklich wenig und eine Geste des guten Willens, auch in einer Spielstraße, in der — ja, ich es weiß es — nur sieben Kilometer pro Stunde erlaubt sind. Wie schafft man sieben Kilometer pro Stunde insbesondere mit einem Schaltwagen? Sachte anfahren und dann mit Glück bis zum Straßenende ausrollen lassen? Ein Knöllchen mit 20 km/h schmerzt, auch wenn etwas später am Frühstückstisch eine solche Wehklage nur schulterzuckend kommentiert wurde. Das provozierte die Fantasie. Und was ist mit diesen blöden mobilen Blitzlichtgeräten? Sehen die nur zufällig wie alte und notgelandete Mini-Drohnen aus? Oder mit den Starenkästen, in denen nur faule Eier ausgebrütet werden? Diesmal blieb selbst das Schulterzucken aus; stattdessen folgte der Kommentar, dass die doch zum alten Eisen gehörten und durch schmucke Radarsäulen abgelöst würden. Das stimmt. Die passen wirklich gut ins Straßenbild und sind schon jetzt ein Teil von uns. Als Inventar unseres mobilen Lebens. Als Wegmarken einer gehetzten Gesellschaft. In diesem Design lässt man sich gerne überführen. Die Säule sieht und blitzt mich, also bin ich. Und könnte sie nebenbei nicht sogar als Werbeträger dienen? Den Harzer Roller noch vor der Nase, schien mir jetzt vieles denkbar zu sein. Da kam die wieder einmal glorreiche Idee von der anderen Seite des Frühstückstisches: mutmachende Werbung auf diesem Blitzding? Aber sicher: für den Starlight Express.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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