Kolumne: Gott Und Die Welt Der Mensch darf kein Ersatzteillager sein

Der Ethikrat hat den Hirntod als Zeichen des Ablebens bestimmt. Eine Entscheidung mit Folgen für unser Menschenbild.

Wie kompliziert unsere Welt geworden ist, lässt sich auch daran ablesen, dass sie einen sogenannten Ethikrat nötig zu haben scheint. Eine Kommission also, die unter anderem darüber befindet, was in unserem Leben moralisch angemessen ist und was nicht. Und die der Gesellschaft jüngst auch erklärt hat, wann ein Mensch tot ist. Genauer: Wann wir uns einen Menschen tot vorzustellen haben - damit wir seine Organe (soweit brauchbar) entnehmen können.

Ist das eigentlich noch Ethik? Oder ist es nicht vielmehr ein verordnetes Nützlichkeitsdenken im ethischen Gewande, das zumindest mit der Hoffnung auf Lebensrettung Gutes im Schilde führt? Diese Frage wird man einem Sterbenskranken, dessen einzige Lebenschance ein Spenderorgan ist, nicht stellen können. Aber das entbindet uns nicht von der Frage, welches Menschenbild unsere Gesellschaft zu formen und zu speichern beginnt.

Der Mensch droht mit seiner Verfügbarkeit zu einer Sache zu werden. Was bleibt von der Würde eines Menschen, wenn an der möglichen Grenze zum Tod seine genetische Ausstattung und die Qualität seiner Organe geprüft werden? Besonders problematisch sind dann die sogenannten organprotektiven Maßnahmen - ein Begriff, der so kalt klingt, wie er gemeint ist. Es sind lebensverlängernde Behandlungen, die nur noch dem Wohle und der Transplantationsfähigkeit der nützlichen Organe gelten. Bereits zu diesem Zeitpunkt wird also unterschieden zwischen Mensch und Organ. Eine Trennung, die den Menschen zu Lebzeiten zum Ersatzteillager macht. Nachdem wir begonnen haben, die Geburt des Menschen unter Kontrolle zu bekommen, wird auch für das Lebensende nach Regeln gesucht.

Wie romantisierend wirken in solchen Debatten Fragen danach, was denn die Seele sein könnte. Oder warum unser Herz so vehement zu schlagen beginnt, wenn wir uns verlieben oder uns ängstigen? Vielleicht wird aber auch das demnächst von einem nationalen oder internationalen Ethikrat näher bestimmt werden.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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