Kolumne: Gesellschaftskunde Hauptsache bequem

Düsseldorf · Es gibt viele Motive, die den Menschen zum Erfinder machen. Das reicht von Spieltrieb bis Profitgier. Dabei sind heute neue Produkte oder Dienstleistungen vor allem dann erfolgreich, wenn sie das Leben von Menschen leichter machen: Zeit einsparen, Wege einsparen, lästige Pflichten abnehmen - Bequemlichkeit ist die Verlockung der Gegenwart. Selbst wenn dafür sensible Daten erfragt, zu viele Ressourcen verbraucht werden - oder wenn sie die Isolierung des Einzelnen vorantreibt.

Kolumne: Gesellschaftskunde: Hauptsache bequem
Foto: Krings

Im Alltag schwinden Orte ungeplanter Begegnung. Dabei wirken sie Isolation entgegen.

Es gibt viele Motive, die den Menschen zum Erfinder machen. Das reicht von Spieltrieb bis Profitgier. Dabei sind heute neue Produkte oder Dienstleistungen vor allem dann erfolgreich, wenn sie das Leben von Menschen leichter machen: Zeit einsparen, Wege einsparen, lästige Pflichten abnehmen - Bequemlichkeit ist die Verlockung der Gegenwart. Selbst wenn dafür sensible Daten erfragt, zu viele Ressourcen verbraucht werden - oder wenn sie die Isolierung des Einzelnen vorantreibt.

So sind heute etwa Wohnquartiere gefragt mit Packet-Station und Supermarkt-Lieferstelle in der Tiefgarage. Der Bewohner muss nicht mehr in der Post Schlange stehen, keine Einkaufskörbe durch den Laden schieben, was er braucht, kommt zu ihm. Eine Aufzugfahrt und die täglichen Routinen sind erledigt.

Natürlich ist das ein Fortschritt. Man kann seine Zeit sinnvoller verbringen als mit den ewig gleichen Erledigungen des Alltags. Doch verschwinden damit auch Orte der Begegnungen: Kein Schwätzchen mehr beim Einkauf, keine Neuigkeiten vom Brötchenverkäufer, und den Nachbar trifft man auch nur noch beim Luke-Öffnen in der Tiefgarage. Bequemlichkeit hat nun mal die Tendenz zur Vereinzelung. Vor allem für Menschen, die alleine leben.

Nun hilft es wenig, solche Entwicklungen zu beweinen. Zumal meist viel Verklärung im Spiel ist, wenn von geselligeren Zeiten die Rede ist. Doch braucht die Gesellschaft neue Gelegenheiten für reale Begegnung wie sie in Nachbarschaftsprojekten entstehen. Und wahrscheinlich ist auch ein neues Bewusstsein dafür nötig, wie wertvoll Anlässe für lebendigen Austausch sind: Das Publikumsgespräch im Theater, genauso das banale Pläuschchen am Spielfeldrand oder auf dem Wochenmarkt. Gerade Rheinländer sollten diese Tradition nicht verschütt gehen lassen.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(dok)
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