Frauensache Steinbrück – der Mann an ihrer Seite

Wenn der Mann die Sympathien verspielt hat, dann muss die Frau ran – das galt bei Gerhard Schröder. Beim Auftritt des Ehepaars Steinbrück vor der SPD war das Ergebnis ein Stückchen Menschlichkeit.

Wenn der Mann die Sympathien verspielt hat, dann muss die Frau ran — das galt bei Gerhard Schröder. Beim Auftritt des Ehepaars Steinbrück vor der SPD war das Ergebnis ein Stückchen Menschlichkeit.

Hinter jedem großen Mann steht eine liebende Frau, hat Pablo Picasso gesagt. Seit dem jüngsten SPD-Parteikonvent ist klar: Neben jedem weinenden Mann sitzt eine große Frau. Eine Stunde hatten sich Peer Steinbrück und seine Frau Gertrud dort befragen lassen; drapiert auf roten Ledersesseln redeten sie über Familie, Hobbys, Gefühle — und dann flossen bei Peer Steinbrück die Tränen. Es sollte wohl nur eine Inszenierung des Privaten werden, tatsächlich aber zeigte sich das echte Leben, weil da nicht die Politikergattin Steinbrück, sondern die Ehefrau Gertrud sprach.

Die Frau an seiner Seite für das Politische in Szene zu setzen — daran hatte sich Gerhard Schröder lange vor Guttenberg und Wulff versucht. Als die öffentliche Meinung kippte, er zum Spaßkanzler, Brioni-Mann und Genossen der Bosse wurde, probierte Schröder, den Menschen mit Menschlichem zu kommen: Er inszenierte sich als "der Doris ihr Mann"; "die Doris hat gesagt" wurde zu einer stehenden Redewendung. Als er 2004 vom SPD-Vorsitz zurücktrat, dankte er in seiner Abschiedsrede denen, "die ich liebe und die mich lieben". Doris war unten im Publikum zu Tränen gerührt, Gerhard Schröder war es oben auf der Bühne — und in diesem Moment war die Öffentlichkeit mit ihm versöhnt.

Vielleicht wollte Steinbrück ein "Schröder reloaded": Wenn der Mann die Sympathien verspielt hat, dann muss die Ehefrau ran und zwischenmenschliche Kärrnerarbeit leisten. Das kann zu einer peinlichen Melange aus Anbiederung und Schlüsselloch-Momenten werden.

Bei den Steinbrücks wird es das nicht. Gertrud Steinbrücks Worte sind unverstellt. So unverstellt, dass ihr Mann zunächst scherzend versucht zu intervenieren und er später so berührt ist, dass ihm die Stimme versagt. "Wir haben gesagt, wir sind hier ehrlich, dann sind wir es auch", sagt Gertrud Steinbrück. Es ist ihre Wahrheit über den Mann an ihrer Seite, die sie preisgibt.

Ein Mann, der gerne so tut, als wisse er alles, der aber eine Amsel nicht von einem Star unterscheiden kann. Ein Mann, der stets eine Ehefrau auf Augenhöhe wollte, die einen eigenen Beruf, ein eigenes Leben hat. Ein Mann, der eigentlich schon frei war, gutes Geld verdiente ("Die ganze Sahnehaube obendrauf") und das alles nun aufgibt.

Mit ihrem Auftritt hat Gertrud Steinbrück ein Stück echte Menschlichkeit ins politisch-mediale Geschäft gebracht. Denn in dieser Stunde saß nicht der Macho-Kavallerie-Rufer Steinbrück, nicht der Pannen-Peer auf der Bühne — da saß einfach nur "der Gertrud ihr Mann".

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(RP/gre)
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