Kolumne: Frauensache Die perfide Debatte um die Kinderbetreuung

Im Streit ums Betreuungsgeld geht es längst nicht mehr um das Kindeswohl, sondern um Ideologie. Das Problem sind Politiker, die sich anmaßen, die richtige Form der Erziehung zu bestimmen.

Vorsicht, schwer erziehbare Eltern - so lässt sich die Debatte, die in den vergangenen Tagen um das Betreuungsgeld geführt worden ist, vortrefflich betiteln. Besonders für sozial benachteiligte Familien stelle das Betreuungsgeld einen Anreiz dar, kein staatliches Angebot frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung zu nutzen, heißt es in einer frisch veröffentlichten Studie.

Diesen Satz werten nun Grüne und SPD als Bestätigung ihrer Vorbehalte gegen eine staatliche Leistung für Eltern, die ihre Kleinkinder zu Hause erziehen. Und an diesem Punkt offenbart sich, wie perfide die politische Diskussion um Kinderbetreuung in Deutschland mittlerweile geführt wird. Denn das Problem sind nicht die fast 300 000 Anträge auf das Betreuungsgeld, sondern Politiker, die sich anmaßen, bestimmen zu wollen, welche Erziehung die richtige ist. Politiker, die glauben, eine staatliche Einrichtung eigne sich besser für die Betreuung eines Kindes als eine Mutter oder ein Vater aus sozial schwachen Verhältnissen, überschreiten Grenzen.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Bei Familien, die Hartz IV beziehen, wird das Betreuungsgeld (wie auch das Kindergeld) auf die Sozialleistungen angerechnet. Sie haben also finanziell keinen Mehrwert, wenn sie ihr Kind zu Hause lassen. Unabhängig davon ist eine pauschale Klassifizierung von Elternqualitäten nach sozialem Milieu ein gefährliches Spiel.

Tatsächlich geht es in der Debatte um das Betreuungsgeld längst nicht mehr um das Kindeswohl, sondern um ideologische Machtkämpfe und parteipolitische Rechthaberei. Ausgerechnet die SPD, die aus Sorge um die Bildungschancen von Kleinkindern gegen das Betreuungsgeld ist, hat in Berlin jetzt ihr geplantes Kita-Qualitätsgesetz auf Eis gelegt. Verbindliche Qualitätsstandards für die Personalausstattung und die Qualifikation der pädagogischen Fachkräfte sind auf die kommende Legislaturperiode verschoben worden. Dabei warnen Experten vor "kindeswohlgefährdenden Strukturen" in deutschen Kitas. Überarbeitete Erzieher und nicht ausreichend qualifizierte Mitarbeiter könnten den Bedürfnissen der Kinder nicht gerecht werden.

Politiker, die einerseits Familien nicht zutrauen, selbst zu entscheiden, wie und wo sie ihre Kinder erziehen, andererseits es aber nicht auf die Reihe bekommen, geeignete Rahmenbedingungen für eine außerhäusliche Betreuung zu schaffen, sollten einfach mal den Mund halten. Eltern haften für ihre Kinder - Politiker aber nur selten für ihre Worte.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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