Frauensache Die geschlechterbabylonische Sprachverwirrung

Geschlechts-Leugner und "Frauisierungs"-Fanatiker kennen kein Halten mehr, wenn es darum geht, in unserer Rechtschreibung herumzufuhrwerken. Der Unsinn hat sich längst in Behörden breitgemacht.

Lieba Lesa, unsa Sprache soll gerechta werden. Nein, ich bin beim Verfassen dieses Artikels nicht auf die falschen Tasten gerutscht, sondern den Empfehlungen zu antidiskriminierenden Formulierungen der "AG Feministisch Sprachhandeln" der Berliner Humboldt-Universität gefolgt. Die schlägt zum Beispiel vor, alle "er"-Endungen durch die Endung "a" zu ersetzen, um so der "Idee von einer herausfordernden, stärkeren Frauisierung von Sprache" gerecht zu werden und "mit männlich geprägten Assoziationen zu brechen". Der Türöffna in eine geschlechtergerechte Welt befindet sich also auf der Computa-Tastatur.

Beim Rumgematsche in der Orthografie kennen die Frauisierungs-Fanatiker und Geschlechtsleugner kein Halten beziehungsweise die Frausierungs-Fanatikxs und Geschlechtsleugnxs. Denn - so ein weiterer Vorschlag der Sprach-AG - durch das Einsetzen eines "x" soll die "herkömmliche gegenderte Personenvorstellung" durchkreuzt werden. Anzuwenden ist das "x", wenn die Frage, ob "die gemeinten Personen weiblich, männlich oder trans" sind, in einem Kontext keine Rolle spielen soll.

Mir fallen da spontan die Unisex-Toiletten zur geschlechtsneutralen Erledigung menschlicher Bedürfnisse ein. Oder um es mit Helmut Kohl zu sagen: "Entscheidend ist, was hinten rauskommt."

Die geschlechterbabylonische Sprachverwirrung hat sich längst in Ämtern, Ministerien und öffentlichen Einrichtungen breitgemacht. Der sechsseitige Leitfaden aus dem Düsseldorfer Gleichstellungsbüro, der - wie hier vor Kurzem berichtet - der "Milchmädchenrechnung" den Garaus machen wollte, wirkt harmlos im Vergleich zu einem 30(!)-seitigen Merkblatt des Bundesverwaltungsamtes. Darin wird pädagogisch wertvoll erklärt, warum Formulierungen wie "der Rat eines Arztes" aus Gleichbehandlungsgründen durch "ärztlicher Rat" ersetzt werden sollten. Der Leser merkt an dieser Stelle - pardon, laut Bundesverwaltungsamts-Merkblatt: Wer das liest, merkt an dieser Stelle - Entschuldigung, da fehlt noch die Empfehlung der AG der Humboldt-Uni: Wex das liest, merkt an dieser Stelle, dass die Autorin dieses Textes all das für großen Unsinn hält.

Ähnlich dachte auch das österreichische Normungsinstitut und wollte das Binnen-I ("AutorInnen") abschaffen. Die Begründung: Sprache diene der klaglosen Verständigung und nicht der Durchsetzung politischer Ziele. Richtig. Gegen diese Auffassung aber liefen Gewerkschaften und genderkorrekte Politiker Sturm. Nun wird es einen runden Tisch geben, der einen Kompromiss erarbeiten soll - sozusagen der Tischbau zu Babel.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort