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Frauensache Chefinnen als Klischee

Berlin · Ein Wiener Feuilletonist namens Otto Weiß hat vor mehr als 100 Jahren über den Journalismus gesagt, dass seine Macher oft Aktuelles mit Wichtigem verwechselten. Vor noch längerer Zeit erklärte der deutsche Dichter Johann Wolfgang Goethe: "Der Zeitungsschreiber selbst ist wirklich zu beklagen, gar öfter weiß er nichts, und oft darf er nichts sagen."

In den vergangenen Tagen war ein Journalismus zu erleben, der wie die Konklusion aus Weiß und Goethe anmutet: Beim Orkan und dem Mitgliederentscheid wusste man wenig . Als "Xaver" über Deutschland zog, schickte jeder Fernsehsender Reporter in die Regionen, in denen der Orkan wohl am stärksten wüten würde.

Der Zuschauer wurde mit Live-Schalten zu Journalisten traktiert, die gegen das Wettergetöse die immer gleiche Botschaft in riesige Puschel-Mikros brüllten: "Es stürmt." Ach, wirklich? Ähnlich bedeutend war die Berichterstattung zur Abstimmung der SPD-Basis über die große Koalition. Weil es lange nichts zu berichten gab, außer dass die Stimmzettel gezählt werden, wurden die zwei neu erworbenen Hochleistungsschlitzmaschinen der SPD zu Medienstars.

Zwischen "Xaver" und Mitgliederentscheid ist allerdings noch anderes passiert: General Motors (GM) und Karstadt werden künftig von Frauen geführt. Mary Barra heißt die neue GM-Chefin, über die Medien schrieben: "Diese Frau stürmt eine Männerbastion." Eva-Lotta Sjöstedt heißt die neue Karstadt-Chefin. Tenor der Medien: Für ein Unternehmen, in dem hauptsächlich Frauen arbeiten und einkaufen, sei es gut, wenn es auch von einer Frau geführt werde. Atemberaubend, wie hier Fakten mit Klischees verhunzt werden.

Darauf basierend wird bei der einen zur Sensation gemacht, dass sie nun in einer Branche für Kerle das Sagen hat. Bei der anderen heißt es, dass nun in einer Branche für Frauen die Kerle nichts mehr zu sagen haben.

Daher soll, was mit einem Satz von Goethe begonnen hat, auch mit einem enden: "Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört, es müsse sich dabei doch auch was denken lassen."

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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