Kolumne Gesellschaftskunde Die Schlachten von gestern

Wie die CDU immer noch mit der Ehe für alle hadert, ist der Partei unwürdig.

 Bildungsministerin Anja Karliczek und CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Bildungsministerin Anja Karliczek und CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Foto: ap, FO

Es ist schon erstaunlich, wie sehr eine an sich pragmatische Partei wie die CDU sich derzeit mit der Vergangenheit plagt. Nicht nur damit, ob man die Probleme der Zuwanderung nun zu hoch gehängt oder den Aufstieg der AfD unterschätzt hat. Sondern auch mit der Ehe für alle, 2017 beschlossen vom Bundestag.

Da war zunächst die möglicherweise künftige Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Anstatt elegant von ihrem fatalen Satz von 2015 abzurücken, der logische Schritt nach der Ehe für alle sei die Ehe zwischen engen Verwandten, also Inzest, bekräftigte sie ihn noch. Kurz darauf tat Bildungsministerin Anja Karliczek kund, sie wünsche sich mehr Langzeitstudien zum Kindeswohl in homosexuellen Partnerschaften, musste aber auf Nachfrage einräumen, dass ihr eigentlich das plötzliche Zustandekommen der Ehe für alle „mal eben so im Federstrich“ gegen den Strich ging („Wir verschieben eine ganze Gesellschaft“).

Befremdlich ist an beiden Aussagen nicht nur die Dürftigkeit der Argumente (niemand von Belang fordert die Geschwisterehe; Studien gibt es längst; der Ehe für alle gingen jahrelange Debatten voraus). Befremdlich werden beide Aussagen vielmehr auf ihre je eigene Art: Da schiebt eine Bildungsministerin offenbar den Forschungsstand vor, um grundsätzliches Unbehagen zu rechtfertigen. Und eine Parteichefin in spe bekräftigt eine Aussage, die selbst ihr nun wirklich konservativer Konkurrent Jens Spahn zu Recht verletzend findet.

Kramp-Karrenbauer sagte neulich auch, die Ehe für alle sei „eine Realität, mit der man umgehen muss“. Wohl wahr. Man könnte einfach danach handeln, das Beste daraus machen und die demokratische Entscheidung akzeptieren, ohne homophoben Zungenschlag. Das wäre konservativ im besten Sinne. Bisher ist es leider nur ziemlich peinlich.

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(fvo)
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